Tierschutz - Einsatz am Rande der Gesellschaft
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- Kategorie: Bärenmissbrauch
Tierschutz - Einsatz am Rande der Gesellschaft
Die Welt ist kein Machwerk und die Tiere sind kein Fabrikat zu unserem Gebrauch. Nicht Erbarmen, sondern Gerechtigkeit sind wir den Tieren schuldig.
Arthur Schopenhauer
2009 beginnt das Wunder vom Schwarzwälder Bärenwald. Der erste Spatenstich für das neu entstehende Tierschutzprojekt der STIFTUNG für BÄREN erfolgt. 150 Tage später steht der Grundbau. Technisch brillant ausgestattete Baufirma? Nein, 700 beherzte Freiwillige, viele davon Senioren. Ohne ehrenamtliche Hilfe, ohne Spenden von Privatpersonen wären Einrichtungen wie der Alternative Wolf- und Bärenpark Schwarzwald nicht möglich. Kaum vorzustellen, was mit den traumatisierten Bären, Wölfe und Luchsen geschehen wäre, hätten sie in den Freianlagen kein neues Zuhause gefunden. Ohne ein Herzensprojekt wie im Schwarzwald wäre ihr Verbleib ungewiss. Leider ist dies keine Ausnahme, sondern Standard. Ein aus öffentlichen Mitteln gefördertes Refugium für Wildtiere gibt es nicht. Dabei stammen zahlreiche traumatisierte Wildtiere aus staatlich subventionierten zoologischen Gärten. Tierschutz ein Staatsziel? Theoretisch. Praktisch wird es auf den Rücken privater Organisationen und schier endlosem, ehrenamtlichem Engagement ausgetragen. So lobenswert auch die Auszeichnungen der Bundesregierung für diesen freiwilligen Einsatz sind [z.B. im September 2024] - und wir bedanken uns dahingehend aufrichtig - , braucht der Tierschutz allerdings mehr als heroische Worte, er braucht tatkräftige Unterstützung. Denn die Zahlen der Tierschutzfälle steigen ins Unermessliche, während die Menschen, die dies abfangen, unter Erschöpfungszuständen leiden.
Doch warum gibt es keine Förderung für den Tierschutz? Was ist überhaupt DER Tierschutz und wie sieht die Zukunft aus?
INHALTSVERZEICHNIS
1 – Tierschutz - wie alles begann 2 – DER Tierschutz - zwischen Ehrenamt und Professionalität 3 – Art vs. Individuum 4 - Zukunft des Tierschutzes 5 - Fazit |
1 – Tierschutz - wie alles begann
1819 entdeckt der Stadtpfarrer Christian Adam Dann, so zumindest die Legende, auf einem Spaziergang einen leblosen Storch, der offensichtlich zu Tode gequält wurde. Dabei handelte es sich um das Tier, das sein Nest auf dem Kirchturm hatte. Bestürzt über diese grauenhafte Tat verfasste er die Schrift: Bitte der armen Thiere, in der es u.a. heißt, Macht unser meist kurzes, mühevolles Leben erträglich und unseren Tod so leicht wie möglich.
1822 wird in England das erste Tierschutzgesetz erlassen: An Act to prevent the cruel and improper Treatment of Cattle, Später wird das Gesetz bekannt als der Martins Act, basierend auf dessen Unterstützer, dem Parlamentarier Richard Martin. Großvieh, Pferde und Schafe sollen dadurch vor Misshandlungen geschützt werden. 1824 wurde, mit Martin als Mitbegründer, die erste Tierschutzorganisation der Welt gegründet, die Society for the Prevention of Cruelty to Animals. Martin selbst ist einer der Gründungsmitglieder. Dank der Schirmherrschaft von Königin Victoria durfte sich die Organisation ab 1840 Royal nennen, ist bis heute die königliche Gesellschaft zur Verhütung von Grausamkeiten an Tieren.
Historischer Meilenstein
1822 wird in England das erste Tierschutzgesetz der Welt erlassen – der sogenannte Martins Act. Es schützt Großvieh, Pferde und Schafe vor Misshandlungen und gilt als Grundstein der modernen Tierschutzbewegung. Zwei Jahre später folgt die Gründung der Society for the Prevention of Cruelty to Animals (SPCA), der heutigen RSPCA – bis heute ohne staatliche Förderung.
Und bis heute erhält die Organisation keine staatliche Förderung.
Zurück nach Deutschland: 1837, nach dem Tod des Pfarrers Dann, gründet sein Nachfolger Albert Knapp den ersten Tierschutzverein Deutschlands in Stuttgart. Damit ist es das älteste deutsche Tierheim und europaweit das zweitälteste. Nur zwei Jahre später entstehen in Nürnberg und Dresden weitere Einrichtungen zur Verhütung der Tierquälerei.
Wusstest du schon?
Der erste dokumentierte Appell für Mitgefühl mit Tieren in Deutschland stammt von einem Pfarrer: Christian Adam Dann schrieb 1819 seine berühmte „Bitte der armen Thiere“, nachdem ein Storch auf dem Kirchturm seiner Gemeinde grausam getötet worden war. Dieses Ereignis gilt als einer der Auslöser der organisierten Tierschutzbewegung hierzulande.
Im Laufe der Jahre entstehen immer mehr Tierschutzvereine und Organisationen. Schließlich kommt es 1881 zur Gründung des Deutschen Tierschutzbundes. Nach jahrelangen Bemühungen verschiedener Tierschutzorganisationen, bedienten sich die Nazis an jener Idee und erließen 1933 ein Tierschutzgesetz, das nach Ende des zweiten Weltkriegs sowohl in der Bundesrepublik als auch in der DDR Einzug hielt.
Durch Tierrechtsbewegungen, u.a. angestoßen durch Werke wie Animal Liberation des australischen Philosophen Peter Singer, gründen sich immer mehr Tierschutzorganisationen mit zunehmend spezifischen Ausrichtungen. 2002 wird der Tierschutz schließlich als Staatsziel im Grundgesetz verankert.
Doch wie wird dieses Ziel umgesetzt? Und allen voran: wie wird es finanziert?
2 - DER Tierschutz - zwischen Ehrenamt und Professionalität
Theoretisch ist Tierschutz Staatsziel, praktisch ist Deutschland das einzige Land der EU, das keinerlei Wildtierverbot in Zirkussen hat, das aufgrund lockere Gesetze das Zentrum für Wildtierhandel in Europa ist, dessen Tierheime überfüllt und unterfinanziert sind. Die, die es gibt, kämpfen an der Belastungsgrenze. Auffangstationen und Schutzzentren, sprich Sanctuaries, für Wildtiere sind Mangelware. Besonders diese leiden gravierend unter Fachkräftemangel, denn der Umgang mit Beutegreifern, sprich Bären, Wölfe, Tiger, Löwen etc. setzt einen Sachkundenachweis voraus, der befähigt, mit den s.g. Raubtieren arbeiten zu dürfen. Diesen gibt es z.B. durch ein abgeschlossenes Masterstudium in Biologie oder einer Ausbildung als Zootierpfleger. Einrichtungen wie der Alternativen Bärenpark Worbis oder der Alternativen Wolf- und Bärenpark Schwarzwald sind auf Teammitglieder angewiesen, die eine solche Qualifikation besitzen, die Betreuung der traumatisierten Tiere ist ein Vollzeit-Job. Diese Stellen gilt es nicht nur zu besetzen, sondern auch zu finanzieren. Doch da es für Tierschutz keine nennenswerte Förderung gibt, müssen die Gehälter für das Personal in Eigenregie erwirtschaftet werden, was ohne Spenden allerdings nicht möglich wäre. Dabei sind in Tierschutzorganisationen wie der STIFTUNG für BÄREN -Wildtier- und Artenschutz nicht nur die Tierpflege in Vollzeit besetzt, sondern von der Verwaltung über die Pädagogik bis zur Leitung ebenso. Anders ist eine professionelle Aufarbeitung der Tierschutzfälle nicht möglich, Präventionsmaßnahmen zählen zu den wichtigsten Werkzeugen im Tierschutz, Aufklärungsarbeit ist elementar für nachhaltige Bewusstseinsentwicklung. Tierleid zu verhindern ist der effektivste und nachhaltigste Weg des Tierschutzes. Doch nachhaltige Aufklärung braucht Zeit und Fachkräfte, was geschieht mit den Tieren in der Zwischenzeit?
Wolfhundhybriden beispielsweise, wohin mit ihnen? In der freien Wildbahn werden sie gesetzlich nicht geduldet, privat dürfen und können sie nicht gehalten werden und Zoos haben kein Interesse daran. Tausende illegaler Haltungen gibt es allein in Deutschland, doch selbst wenn diese alle beschlagnahmt werden würden, es gäbe nicht ansatzweise genügend Plätze für die Vierbeiner. Denn eine Auffangstation für Wolfhundhybriden existiert in Deutschland nicht (mehr), denn die Finanzierung von verhaltensgerechten Anlagen und der Unterhalt ist enorm. Zunächst muss ein geeignetes Gelände gefunden werden, dann gilt es die Genehmigungen einzuholen, dann muss Material besorgt werden, nicht zuletzt geeignetes Personal, um Anlagen zu bauen und zu verwalten. Diese kann mitunter Jahre dauern.
Dem Märchen vom Schwarzwald gingen etliche Jahre voraus. 2004 wurde ein Förderverein gegründet, 2009 fiel der erste Spatenstich. In der Zeit wurde z.B. Braunbär BRUNO geboren, auffällig und abgeschossen.
Und wer kümmert sich um die Tiere? Individuen aus dem Tierschutz wurden in der Regel ausgebeutet, missbraucht, misshandelt, gequält. Körperlich erleiden sie mitunter schwerste Einschränkungen, starke Traumata plagen ihren Geist. Die Tiere sind stereotyp. Selbst für ausgebildete Zootierpfleger ist die Betreuung solcher Tiere eine Herausforderung. Doch was ist die Alternative, die Tiere zu töten? Ja, das ist eine gängige Praxis, aber ist das der Ansatz, um das Staatsziel Tierschutz zu erreichen?.
Euthanasie gehört durchaus zu den Tools im Tierschutz, jedoch nicht, um Platzmangel oder Versorgungsengpässe oder gar wirtschaftliche Ineffizienz zu minimieren, sondern um ein Tier, das leidet, zu erlösen. Das Einschläfern von gesunden Tieren aufgrund leichtfertigen Zuchtwahns ist keine Rechtfertigung von Euthanasie, sondern Entsorgen von Überschusstieren.
Bevor der Bärenpark in Worbis als Tierschutzprojekt entstand, existierte auf dem Gelände der kommunale Tierpark. Hier wurden Bären gezüchtet, Begründung: Artenschutz. Bären von Worbis wurden einst in der ganzen DDR verkauft oder getauscht, viele von ihnen landeten beim Metzger. Auf diese Weise wurde sich Überschusstieren entledigt, die einst aus Artenschutzgründen gezüchtet wurden. Dies war vor 40 Jahren, mittlerweile haben sich die Praktiken geändert, überschüssige Tiere wandern nicht mehr zum Metzger, sondern werden entweder verfüttert oder entsorgt. Doch an dem System hat sich nichts geändert.
Artenschutz wird gefördert, Tierschutz nicht.
Doch warum?
3 - Art vs. Individuum
Tierschutz hat keine Lobby. Es klingt banal einfach, ist aber leider Fakt. Mehrfach wurde z.B. ein Wildtierverbot in Zirkussen nicht umgesetzt. Trotz dessen, dass die Mehrheit der Bevölkerung gegen Wildtiere in einem Zirkus ist, wurden entsprechende Gesetzesentwürfe mehrfach vom Bundestag abgelehnt. Nicht selten als Opfer von Koalitionsverhandlungen. Gleichgeschlechtliche Ehe und Wildtierverbot im Zirkus waren beispielsweise im selben Jahr Thema von Verhandlungen. Und obwohl beide Themen eigentlich in einer modernen Gesellschaft längst kein Thema mehr sein sollten und ins Grundgesetz gehören, wurde nur eins von beiden akzeptiert.
Artenschutz hingegen wird gefördert, auch auf internationaler Ebene, und dies vollkommen zurecht. Der Erhalt des natürlichen Lebensraums von Tieren ist eine der wichtigsten Aufgaben und eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Doch warum hört es bei dem Individuum auf? Warum lohnt es sich nicht, das einzelne Tier zu schützen? Ein aktuelles Beispiel ist der Fall LUNA. Sie wurde in Italien geboren, als Teil des von der EU finanzierten Artenschutzprojekts LIFE Ursus. Sie wurde auffällig, sollte zunächst abgeschossen werden, doch per Gericht wurde entschieden, sie lebendig der Natur zu entnehmen. Doch wohin? Wo soll ein Wildtier wie sie leben? In einem Zoo? Dies wäre die Hölle für sie gewesen, denn Anlagen in Zoos sind nicht auf verhaltensgerechte Unterbringung ausgelegt, sondern, um die Tiere auszustellen. Doch leider sind Wildfänge noch immer eine gängige Praxis, um den Bestand bzw. den Genpool in Zoos zu erhalten.
Und genau das ist der Punkt: würde Tierschutz wirklich von oberster Stelle her gefördert werden, würde das Individuum Tier einen Wert bekommen, eine Daseinsberechtigung, Respekt und Würde, dann würde das dem System Zucht von Wildtieren in Gefangenschaft im Weg stehen. Denn dann muss sich um die Tiere gekümmert werden. Überschusstiere könnten nicht einfach eingeschläfert werden. Dann wäre es aus moralischer Sicht auch nicht möglich, ein Tier zu verkaufen. Dies ist allerdings ein wichtiger, wirtschaftlicher Aspekt in der Bundesrepublik, der Handel mit Wildtieren.
Wir haben noch nie ein Tier freigekauft, da dies bedeuten würde, wir würden tierquälerische Haltung finanzieren. Das Leben eines Tieres darf nie in wirtschaftlichen Aspekten bewertet werden - denn dann wird es zur Ware.
Aktuell laufen Bestrebungen, den Handel von Wildtieren in Deutschland gesetzlich neu zu bewerten, doch der Ansatz liegt nicht im Tierwohl, sondern in dem Fakt, dass 70% aller Zoonosen, also Krankheiten, die von Tieren auf Menschen übertragen werden können, vom Wildtierhandel stammen.
Der großflächige Schutz von einzelnen Tieren, von Lebewesen als Individuen, würde zudem eine Vielzahl an Tierschutzfällen aufbringen, die einen verwaltungstechnischen Aufwand darstellen würden, dem die Bundesrepublik nicht im geringsten gewachsen wäre. Schon jetzt übersteigt die Zahl der Tierschutzfälle die Grenze des Machbaren.
Weiterhin müsste die Massentierhaltung abgeschafft werden, der illegale Abschuss von Wölfen beispielsweise müsste ernsthaft verfolgt werden, weil es sich dann um die Tötung eines Lebewesens und nicht um den Verstoß gegen den Artenschutz drehen würde.
Dies sind nur einige wenige Punkte, die zeigen, was geschehen würde, wenn Tierschutz wirklich Staatsziel wäre. Und diese Punkte zeigen: Ja, es ist längst überfällig.
4 - Zukunft des Tierschutzes
Seit Anfang an war Tierschutz Ehrensache. Mittlerweile gibt es zahlreiche Tierschutzorganisationen, die sich professionell damit beschäftigen. Dies begann sich in den 1990ern zu etablieren, als Tierschutzaktionen immer größeren Erfolg davon trugen und es notwendig wurde, dass Tierschutzeinrichtungen entstehen, die aus oben genannten Gründen hauptamtlich betreut werden müssen.
Die EU förderte in den 1990ern den Schutz von Tanzbären, die beschlagnahmt wurden und eine Unterkunft brauchten. So entstand in einem Zoo in den Niederlanden ein Areal für traumatisierte Bären. Aus der Stiftung, die jene Anlage verwaltete, wurden BEARS in MIND, heutige Kooperationspartner der STIFTUNG für BÄREN.
Ehrenamtliches Engagement war und ist das Rückgrat der Tierschutzarbeit. Doch die finanzielle Verantwortung muss perspektivisch von den Lasten der Privatbürger genommen werden, damit Tierschutz unabhängig von der wirtschaftlichen Situation funktionieren kann. Ein schärfere Regulierung von Zuchtprogrammen in Zoos und die Abschaffung von Massentierhaltung mögen sich wie utopische Spinnereien anhören, sind aber unumgänglich, wenn das Thema Tierschutz als Staatsziel ernst genommen werden soll. Dazu gehören auch praktische Handhaben, wie Kooperationen mit Ministerien oder die Ausbildung von expliziten Tierschutztierpflegern. Beides sind Dinge, die wir als NGO, als Nichtstaatliche Organisation in Eigenregie mit der Unterstützung zahlreicher privater Tierfreunde bereits jetzt umsetzen. Weiterhin sind wir seit einigen Jahren in beratender Funktion tätig, was den Neu- und Umbau von Anlagen angeht bezüglich verhaltensgerechter, naturnaher Anlagen. Nicht Zuletzt spielt die wissenschaftliche Betreuung eine wichtige Rolle, um die Tierschutzfälle nicht nur sozialpolitisch, sondern auch verhaltensbiologisch und veterinärmedizinisch aufzuarbeiten.
Die STIFTUNG für BÄREN -Wildtier- und Artenschutz hat unter anderem die Auffangstation im Castellar, Trentino, beraten.
Um dieses Maß an Professionalität als internationalen Standard zu etablieren, und perspektivisch wird das der Weg sein, ist eine zukünftige Unterstützung seitens der Bundesrepublik, idealerweise EU weit, unumgänglich. Eine Finanzierung, wie sie Tierparks und Zoos erhalten, muss auch für Tierschutzeinrichtungen möglich sein. Denn nur so können Artenschutz und Tierschutz perspektivisch Hand in Hand funktionieren.
Einen Anfang können die Kommunen selbst machen, dahingehend fehlen leider die finanziellen Mittel. Am Ende entscheiden wir als Gesellschaft, wir als Einzelpersonen, welche Einrichtungen unterstützt werden.
Und so schließt sich der Kreis zum Individuum.
5 - Fazit
Es heißt, die Würde des Menschen ist unantastbar. Das Ziel sollte es sein, dass die Würde eines jeden Lebewesens unantastbar ist. Das wirkt auf den ersten Blick sehr philosophisch, wie eine Moralpredigt, aber das ist es nicht, Tierschutz bedeutet Verantwortung für die Tiere zu übernehmen, die in unserer Obhut leben, die unserer Verwaltung unterliegen.