Wolf-Hund-Hybriden

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Modell Wolfhund – über Hybriden und dem grausamen Verbrechen an der Natur

INHALTSVERZEICHNIS

1 - Der Wolf
2 - Der Hund
3 - Der Wolfhund
4 - Der Hybrid
5 - In freier Wildbahn
6 - In Gefangenschaft
7 - Alltag Wolfshybrid
8 - Probleme
9 - Lösungsansätze
10 - Fazit

 

Mai 2020 | Unser Einsatz-Team trägt Transportkisten einem schmalen Pfad am Zaun unterhalb des Bärenwalds entlang. Ziel ist eine versteckte Freianlage, unzugänglich der Öffentlichkeit. Über 20 Jahre lang retten wir zu dem Zeitpunkt bereits Bären, Wölfe und Luchse. Doch mit den Tieren, die an jenem Tag in unserem Tierschutzprojekt ankommen, haben wir zum ersten Mal zutun. Auf den ersten Blick sehen sie aus wie typische Wolfshunde. Warum sind sie also in unserem Projekt gelandet, in dem wir uns hauptsächlich um Wildtiere kümmern? Weil es keine Wolfhunde sind, sondern s.g. Hybriden.

Und damit werden wir zu Akteuren in einem finsteren Kapitel der menschlichen Kultur.

 

Was ist eigentlich ein Wolf-Hund-Hybrid? Vereinfacht gesagt ist es eine Mischung aus Hund und Wolf. Bei genauerer Betrachtung fällt auf, wie absurd dies ist, denn der Haushund stammt schließlich vom Wolf ab, ist sozusagen eine domestizierte Unterart. Tausende Jahre lang wurden intensivste Bestrebungen angestellt, um aus Wölfen die heut bekannten Hunderassen zu züchten, vom Schäferhund über Labrador bis zur französischen Bulldogge. Zielgerichtet wurde über viele Generationen hinweg das Wilde aus den Tieren herausgezüchtet. Wozu also wieder das Einkreuzen von echten Wölfen? Geschieht dies zufällig oder mit voller Absicht? Wo treten Hybriden eigentlich auf, sind sie gefährlich und was ist der Unterschied zu Wolfshunden – oder heißt es Wolfhunde? Nicht zuletzt: was hat das alles mit Wildtier- und Artenschutz zu tun?

 

1 – DER WOLF |

Bekannt aus den Märchen der Gebrüder Grimm hält der Wolf schon früh Einzug in die Kinderzimmer unserer Gesellschaft und ist somit Teil unserer Sozialisierung. Zahlreiche Urängste werden in dem Vierbeiner personifiziert. Die groteske Darstellung eines Großmutter verspeisenden Ungeheuers, das sich verkleidet und hinterlistig versucht Kinder zu fangen, könnte der Realität kaum weiter entfernt sein. Dennoch prägt diese Darstellung, so absurd sie auch sein mag, maßgeblich das Image des grauen Vierbeiners und beeinflusst somit zu weiten Teilen auch den Umgang. Passt der Wolf überhaupt noch in unser industrialisiertes Zeitalter? Verträgt der Wald so viele Wölfe?

Ja, natürlich. Der Wolf passt perfekt in die Gegenwart, ist ein wichtiger Faktor für eine intakte Natur – wie schon seit vielen tausenden Jahren.

Archäologische Funde lassen darauf schließen, dass die ersten Wölfe vor circa 400.000 Jahren nach Europa kamen. Sie leben in Familienverbänden, s.g. Rudeln. Der europäische Grauwolf [Canis Lupus Lupus] lebt bevorzugt in Familienverbänden, s.g. Rudeln. Diese bestehen in der Regel aus dem Elternpaar, den Nachkommen des laufenden Jahres und den heranwachsenden des vorherigen Wurfs und verhalten sich territorial. Was nicht bedeutet, dass es situationsbedingt zu Ausnahmen kommen kann. Wie jedes Wildtier sind Wölfe Opportunisten und in der Lage, sich Veränderungen der Umwelt anzupassen. Und genau dies ist das Stichwort, wenn es um Evolution geht – Anpassung. Wölfe sind nicht nur perfekt an das Leben in der feien Wildbahn angepasst, sondern auch ein wichtiger Teil des Ökosystems. Als s.g. Schlüsselspezies nehmen Wölfe Einfluss auf die Population der Beutetiere. Bevorzugt werden kranke, verletzte oder altersschwache Tiere erbeutet. Zum Jagderfolg kommt es 1-2 Mal pro Woche. Dabei handelt es sich zu 90 Prozent um Reh-, Rot- oder Schwarzwild.

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Um als effektiver Prädator in der freien Wildbahn zu überleben, besitzt der Wolf faszinierende Fähigkeiten, unter anderem sowohl stark ausgeprägten Geruchs- sowie Gehörsinn. Die sensiblen Tiere sind scheu und pflegen eine natürliche Vorsicht, besonders gegenüber Menschen. Weiterhin legen sie ein großes Sozial- und Territorialverhalten an den Tag. Das Aufziehen der Jungtiere gestaltet sich sehr führsorglich. Grundlegend besetzt ein Rudel ein Revier, dessen Größe stark vom Umfeld abhängig ist. Dabei kann es zwischen 50 Quadratkilometern bis zu mehreren Hundertquadratkilometern variieren. Jungwölfe verlassen spätestens im Alter von 3 Jahren das Rudel, somit auch das Revier, und gehen auf Wanderschaft auf der Suche nach einem eigenen Lebensraum und paarungsbereiten Artgenossen. Die Lebenserwartung liegt bei 10-15 Jahren.

Im Monitorjahr 2023/24 wurden in Deutschland 209 Rudel, 46 Paare und 19 ortstreue Einzeltiere bestätigt.

 

2 – DER HUND |

50.000 Jahre alte Höhlenmalereien deuten darauf hin, dass sich der Mensch schon sehr lange mit den Wölfen beschäftigt. Wann genau die ersten Exemplare in Menschenhand aufgezogen wurden, lässt sich nicht eindeutig datieren, ein Zeitraum von vor 14.000 – 16.000 Jahren ist aber wahrscheinlich. Fakt ist, dass sämtliche Haushunderassen, auch der Wolfshund, vom Wolf abstammen. Dies gelang wohl dadurch, dass Welpen aus dem Rudel entfernt wurden und nicht bei der Familie, sondern in Menschenhand aufgezogen wurden.

Durch die dadurch entstandene Prägung auf den Zweibeiner konnte die Domestizierung stattfinden. Es gibt zahlreiche Eigenschaften, die Menschen an Wölfen schätzen, aber ebenso viele, die es einem Wolf unmöglich machen, in Menschenhand zu leben. Daher wurden im Laufe tausender Jahre die Tiere sozusagen auf die menschlichen Bedürfnisse maßgeschneidert. Allen voran die natürliche Scheu. Weiterhin werden Hunde früher geschlechtsreif, können sich mehrfach im Jahr verpaaren und bleiben ihr Leben lang jugendlich.

Letzteres hat die Handhabe, dass sich auch ein ausgewachsener Hund noch auf fast kindliche Art den menschlichen Strukturen unterordnet. Je nach Hunderasse spielen auch optische Merkmale eine verstärkte Rolle. Besonders bei Qualzuchten wie der französischen Bulldogge, dem Mops oder Chihuahua ist das Aussehen ein zentraler Aspekt. Was sich mitunter massiv negativ auf die Lebensqualität der Vierbeiner auswirkt. Letztlich führt die Anpassung als Haustier an Menschen zu einer verminderten Fähigkeit, in der freien Wildbahn zu überleben.

Unterschied Wolf Wolfshund Wolfshybrid
Unterschied Wolf Wolfshund Wolfshybrid

 

3 – DER WOLFHUND |

Zu viel des Guten? Anfang des 20sten Jahrhunderts kam der Niederländer Leendert Saarloos zu der Erkenntnis, zeitgemäße Hunderassen seien eine Entartung. Sie seien zu schwach und es fehle ihnen an wölfischen Eigenschaften. So widmete er sich dem Experiment, reinrassige Wölfe in Schäferhunde einzukreuzen. Die Idee war simpel: Wolf plus Hund ergibt einen starken, resistenten Wolfhund, der sich trotz seiner wilden Stärke wie ein Haushund führen lässt. Dieser gewünschte Effekt nach Baukastenschema stellte sich jedoch nicht ein. Es bedurfte zahlreicher Versuche über Jahre hinweg, bis 1977, lange nach dem Tod der Erfinders, der Saarlooswolfhond oder Saarlooswolfhund international als Hunderasse der Fédération Cynologique Internationale (FCI) anerkannt wurde. Damit zählt er neben dem Tschechoslowakischen Wolfhund zu den einzigen beiden Rassen, die offiziell als Wolfhunde bezeichnet werden.

Saarlooswolfhund
Saarlooswolfhund

Beide Wolfhunderassen waren ursprünglich als perfekte Arbeitstiere angedacht. Beispielsweise als Grenz- oder Blindenhunde. Doch die eingekreuzten Wolfhunde sind scheu bis schreckhaft und dazu mit einem ausgeprägten Jagdinstinkt ausgestattet. Die Haltung dieser sehr anspruchsvollen Tiere setzt ein gewisses Maß an Erfahrung und Verständnis gegenüber Hunden voraus.

 

HINTERGRUND | Wolfshund oder Wolfhund – was ist der Unterschied? Wolfshunde sind Hunde, die gezüchtet wurden, um Wölfe abzuwehren. Eine der wohl bekanntesten und ältesten Wolfshunderassen ist der Irische Wolfshund, dessen Ursprung bis in die Antike zurückreicht. Optisch erinnern diese Hunde kaum noch an einen Wolf. Ein Wolfhund ist hingegen ein Hund, bei dem Wölfe eingekreuzt werden, um wölfische Eigenschaften zu erhalten, wobei die Optik eine zentrale Rolle spielt.

 

4 – DER HYBRID |

Ein Tier ohne Lebensraum? Vorweg ein Wort zum Wort: Hybrid. Immer wieder kommt es zu Kontroversen bezüglich jenes Begriffs, denn systematisch handelt es sich nicht um einen Hybriden, wenn wie im Fall von Wolf und Hund eine artinterne Verpaarung stattfindet. Dennoch hat sich die Formulierung im allgemeinen Sprachgebrauch durchgesetzt, wohl auch, weil es die Vermischung der Wesenszüge klarer darstellt.

Es gibt zwei Arten der Hybridisierung, beabsichtig in Gefangenschaft, wie etwa bei der Entstehungsgeschichte des Saarloos, oder zufällig in der freien Wildbahn, wie beispielsweise 2017 auf einem Truppenübungsplatz in Thüringen geschehen. In der Regel verpaart sich ein weiblicher Wolf [Fähe] mit einem männlichen Haushund. Dies liegt daran, dass männliche Wölfe erst fortpflanzungsfähige Spermien produzieren, wenn sie den Duft einer Fähe riechen. Bei einem Hund ist dies nicht notwendig, sprich, der Rüde ist schneller einsatzbereit als sein wölfischer Verwandter.

 

Mehr Hund? Mehr Wolf? Idealer Mix? Bei einem Wolf-Hund-Hybriden ist der reine Zufall. Welche Eigenschaften von welchem Tier zu welchen Teilen in welcher Form dominant sind, zeigt sich meist erst mit der Geschlechtsreife. Doch die Erfahrung zeigt, dass sich gewisse, wiederkehrende Unterscheidungsmerkmal zwischen Wolf und Hybrid durchsetzen. Beispielsweise kommt es häufig zu optischen Differenzen in der Gesichtspartie:

 

Ohren - Wolfsohren sind kleiner und dreieckiger als die von Hybriden/Wolfhunden, zudem sind Wolfsohren immer auch innen behaart, was bei Hybriden abweichend sein kann

Augen - Wölfe haben helle Augen, meistens hellgelb bis -grün, manchmal auch hellbraun – Hybriden wie GAIA [lebt in unserem Schwarzwälder Tierschutzprojekt] hat dunkle Augen. Natürlich haben nicht alle Hybriden dunkle Augen, aber je nachdem welche Hunderasse hineingepaart wurde, kann dies ein Indiz auf Hybrid sein

Schnauze - Wolfsschnauzen sind gewöhnlich länger als die von Hybriden/Wolfhunden

Stirn – bei Wölfen breit, flach, wodurch der Kopf oft größer wirkt, bei Hybriden kann dies variieren

 

KOLJA und GAIA
KOLJA und GAIA

Bei den Wolf-Hund-Hybriden in freier Wildbahn wurde unter anderem festgestellt, dass sie kleiner und leichter sind, kürzere Fangzähne besitzen und, dass die Rüden bereits mit acht Monaten geschlechtsreif waren.

Unterm Strich bleibt es allerdings schwierig bis unmöglich, allein aufgrund der Optik zu erkennen, ob es sich um einen Wolf, Wolfhund oder einen Mischling handelt. Einzig eine DNA Untersuchung bringt Klarheit.

Neben den breitgefächerten, optischen Indizien kristallisieren sich gewisse Unterschiede im Verhalten heraus. Diese können zum einen verstärkter Jagdinstinkt, enormer Freiheitsdrang oder dominante Selbstständigkeit sein, also Eigenschaften, die für ein Haustier eher ungünstig sind. Im Gegensatz kann es verminderter Scheu oder andauernder Jugendlichkeit kommen, also Wesenszüge, die für ein Leben in freier Wildbahn nachteilig sind.

Wie wirken sich diese Umstände auf das Leben der Tiere aus?

 

5 - IN FREIER WILDBAHN |

Aufgrund der verminderten, wölfischen Eigenschaften haben die Hybriden in der Natur eine geringere Überlebenschance. Zudem werden sie als Bedrohung für die Reinrassigkeit der Wölfe gesehen. Daher ist auf der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) diesbezüglich folgendes zu lesen:

Aus Sicht des internationalen Artenschutzes sind Hybridisierungen zwischen Wildtierarten und ihren domestizierten Formen, in diesem Fall Wölfen und Haushunden, eindeutig unerwünscht und sollen unter allen Umständen vermieden werden. Wenn es bereits zu Hybridisierungen gekommen ist, gilt es daher, alle nötigen Maßnahmen zu ergreifen, um eine weitere Ausbreitung von Haushundgenen in der Wolfspopulation zu verhindern. Vorhandene Hybriden sollten so schnell wie möglich aus der Natur entnommen werden.

 

Eine Entnahme geschieht letal oder lebendig. Also Abschuss oder Schlingfalle. Rechtlich gesehen ist dabei zu beachten, dass Hybriden bis in die vierte Generation [F4] als Wildtiere angesehen werden, in dem Fall als Wölfe. Damit unterliegen sie auch dem strengen Schutz der Wölfe. Folglich muss einer Entnahme – egal, wie sich diese gestaltet – eine außerordentliche Genehmigung vorrausgehen.

In Deutschland war dies mehrfach der Fall. Zuerst 2003 in Sachsen, zuletzt 2022 in Brandenburg. Als sich 2017 in Ohrdruf eine Wolfsfähe auf einem Truppenübungsplatz in Ohrdruf bei Gotha, Thüringen, mit einem Labrador verpaarte, stand das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz unter Zugzwang. Auf der einen Seite galt es im Sinne des Artenschutzes zeitnah einzugreifen, auf der anderen Seite positionierten sich weite Teile der Öffentlichkeit gegen einen Abschuss. So wurde eine lebendige Entnahme thematisiert. Doch wohin mit den Tieren, wenn sie erstmal eingefangen sind?

 

Wir erhielten eine Anfrage, ob wir im Falle erfolgreicher Einfangversuche die Hybriden aufnehmen würden. Auf diese Weise entstand eine Kooperation mit dem Thüringer Umweltministerium im Zuge dessen wir fernab des Besucherverkehrs eine Freianlage speziell für Wolfshybriden im Alternativen Bärenpark Worbis errichteten.

Doch dieser Fall sollte nie eintreten, die Einfangversuche scheiterten, die Tiere wurden schließlich letal entnommen.

Bis zum Mai 2022 stand die Hybridanlage leer. Dann kamen die beiden vermeintlichen Wolfshunde RONJA und RAIK, welche bis dato in Privathaltung lebten.

 

6 IN GEFANGENSCHAFT |

Ab der fünften Generation, also wenn seit der Erstverpaarung mit einem Wolf mindestens vier wolfsfreie Verpaarungen stattgefunden haben, gilt das Tier als Haushund. Vorher fällt es mit dem Status Wolf unter die Kategorie Wildtier, folglich bedarf es besondere Haltungsbedingungen. Konkret bedeutet dies einen Sachkundenachweis im Umgang mit Raubtieren sowie eine Gehegegröße, die denen der Wolfshaltung entspricht.

Rechtlich gesehen macht es also in Deutschland keinen Unterschied, ob jemand einen Wolf oder einen Wolf-Hund-Hybriden hält. Auch Privatpersonen ist dies unter gewissen Voraussetzungen gestattet.

Leider.

 

7 ALLTAG WOLFSHYBRID |

Insgesamt befinden sich 3 Wolf-Hund-Hybriden in unserer Obhut. RONJA und RAIK im Alternativen Bärenpark WORBIS, GAIA im Alternativen Wolf- und Bärenpark SCHWARZWALD. RONJA und RAIK lassen optisch sehr stark an Wolfhunde erinnern. Im Verhalten unterscheiden sie sich enorm von den echten Wölfen, mit denen wir bis dato zu tun hatten. Eine Vergesellschaftung mit Bären funktionierte eine Zeit lang. Instinktiv schienen sie zunächst ein halbwegs richtiges, so nennen wir es mal, Verhalten gegenüber andersartigen Beutegreifern an den Tag zu legen. Interaktionen verliefen ähnlich, wie wir es bei Wölfen beobachten konnten, sprich die Art, Bären Futter abzuluchsen. Auch körperlich waren sie durchaus in der Lage, die Freianlagen mit darin lebenden Bären zu teilen.

Leider zeigte sich nach einer Weile die gravierenden Folgen, die die Aufzucht in Menschenhand mit sich brachten. Allen voran in Sachen Kommunikation und Sozialisierung weisen sie bis heute erhebliche Defizite auf. Zudem scheint sich der Lerneffekt nur partiell einzusetzen. Das Simulieren von Verletzungen, um eine gewisse Sonderbehandlung vom Team aus der Tierpflege zu ergaunern haben sie schnell verstanden. Dass es ungünstig ist, in eine Höhle zu gehen, in denen sich ein Bär befindet, wurde auch zum wiederholten Male nicht verinnerlicht. Auch den grundlegenden Respekt vor Bären und wo der Moment liegt, an dem es gefährlich wird, wenn der Bär weiter bedrängt wird, hat sich im Laufe der Zeit kaum entwickelt.

Wolfshybriden in Worbis
RAIK und RONJA in WORBIS

Bei GAIA im Schwarzwald war dies ähnlich. Sie lebte eine Weile alleine mit der ehemaligen Wildbärin JURKA in einer Anlage. Auch bei ihr war eine mangelnde Lernfähigkeit auffällig, zudem eine verminderte Scheu vor Menschen sowie extreme Reaktion auf Hunde. Weiterhin zeichnet sich eine s.g. ewige Jugendlichkeit ab. Für sie scheinen alle anderen Tiere Spielkameraden und die ganze Welt ein Spielplatz zu sein. Die führt dazu, dass sie oftmals verloren wirkt. Gefangen zwischen wölfischer Wildheit und der verspielten Art eines Haushundes fand sie kaum Ruhe. Dies verbesserte sich, als im April 2024 ein echter, männlicher Wolf erfolgreich mit GAIA vergesellschaftet wurde. Besonders bei der wölfischen Interaktion untereinander wurden die Unterschiede in der Kommunikation deutlich.

 

8 PROBLEME |

In freier Wildbahn treten Wolf-Hund-Hybriden in Deutschland zwar verhältnismäßig selten auf, dennoch ist aus Artenschutzgründen Handlungsbedarf gefordert. Dies ist allerdings nicht einfach. Zunächst unterliegen sie, wie Wölfe auch [und dies zurecht], dem besonderen Schutzstatus und dürfen daher nur mit einer Sondergenehmigung geschossen werden. Der gezielte Abschuss einzelner Tiere ist jedoch selbst für erfahrene Jäger eine nicht zu unterschätzende Herausforderung, zumal beim Abschuss des falschen Tieres eine Rudelstruktur irreparabel zerstört werden kann, deren Folgen in der Regel gravierend sind.

Die lebendige Entnahme gestaltet sich noch schwieriger, allen voran betrifft dies den Verbleib der Tiere. Wildtiere leiden in Gefangenschaft, auch Wolf-Hund-Hybriden. Die ist besonders bei Exemplaren der Fall, die in der freien Wildbahn aufgewachsen sind. Von dem 2003 in Sachsen zur Welt gekommenen Hybridrudel wurden Tiere eingefangen und fanden im Nationalpark Bayrischer Wald ein neues Zuhause. Dort litten die Vierbeiner unter Dauerstress, wurden schließlich von Wölfen aus einem benachbarten Gehege so stark verletzt, dass sie eingeschläfert werden mussten.

 

Wie viele Wolf-Hybriden, oft getarnt als vermeintliche Wolfhunde, in Gefangenschaft leben, lässt sich nicht sagen. Die Dunkelziffer scheint enorm zu sein, die meisten fallen durch das Raster der Registrierung. Grund hierfür ist zum einen die optische Ähnlichkeit zu den offiziell anerkannten Hunderassen, besonders natürlich den Wolfhunden, zum anderen die rechtliche Situation, dass eine Person, welche die Haltungsanforderungen für Wölfe erfüllt, diese – somit auch Hybriden – züchten und an Personen weitergeben darf, die wiederum keine Haltungsgenehmigung haben. Der Produzent und Verkäufer macht sich demnach nicht strafbar, der neue Eigentümer schon. So geschehen im Fall von RONJA und RAIK. Zum Glück erkannte die ehemalige Besitzerin von RONJA und RAIK, dass es sich nicht um Wolfhunde, sondern Hybriden handelte, und meldete sich schließlich selbst bei den Behörden.

Jene Courage ist höchst lobenswert und vorbildlich, aber auch ebenso extrem selten. Denn es stellte sich heraus, dass die Tiere einen Haustierpass hatten. Vierbeiner mit über 90 Prozent wölfischer DNA wurden als Husky-Mischling mit einem Haustierpass versehen. Als Welpen werden sie Tierärzten vorgezeigt, als Hundemischling bezeichnet und bekommen auf diese Weise einen regulären Haustierpass. Von diesem Zeitpunkt an ist es enorm schwierig, die wahre Identität des Tieres herauszufinden. Letztlich funktioniert dies nur über eine Blutprobe. Soweit kommt es jedoch in den seltensten Fällen. Eigentlich nur, wenn eine Beschlagnahmung im Spiel ist und da, trotz theoretischem Zusatzartikel, Tiere in Deutschland immer noch als Besitz gelten, kommt es so gut wie dazu. Zwischenfälle sind hingegen nicht selten, im Gegenteil. Probleme mit Wolfshunden bzw. Hybriden sind vorprogrammiert und passieren häufig.

Zum Teil werden die Tiere, da deklariert als Haushund, schließlich in Tierheime abgegeben. Diese haben jedoch weder die Erlaubnis, noch die Anlagen, noch die Erfahrung, um sich diesen Tieren anzunehmen. Und abgesehen davon ist es auch nicht die Aufgabe von Tierheimen, sich um das Problem mit Wolfshybriden zu kümmern.

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Doch wohin mit den Tieren? Unsere Wildtierschutzprojekte haben die Belastbarkeitsgrenze erreicht. Obwohl Wolfshybriden in Gefangenschaft leiden, besonders bei Privatpersonen, und für sich, andere Tiere und nicht zuletzt für die Menschen eine Gefahr darstellen, werden sie in Massen gezüchtet. Vor einigen Jahren waren sind wir auf einen Fall in Italien gestoßen, in welchem in einer Fabrik hunderte von Hybriden regelrecht produziert wurden. Doch auch Deutschland ist eine Hochburg für legalen und illegalen Wildtierhandel. Denn mit den Tieren lässt sich enorm viel Geld verdienen. Es gibt sogar eine Internetseite, die sich damit brüstet, dass ihre Wolfshunde eine eigetragene Marke seien. Tiere mit hohem Wolfsanteil werden regelrecht beworben, auch bei den einschlägigen Seiten und Foren für Privathändler. Auch von Übersee kann durch wenige Klicks ein ganzes Wolf-Hund-Hybriden-Rudel bestellt werden [Hier erfahrt ihr mehr über Wildtierhandel].

 

9 LÖSUNGSANSÄTZE |

Ein Anpassung der Gesetzeslage ist längst überfällig. Deutschland gehört zu wenigen Ländern, in denen es noch eine Negativliste gibt. Dies heißt, es gibt eine Liste, auf der Tiere vermerkt sind, die in Deutschland nicht gehalten werden dürfen. Abgesehen von Walen und Schildkröten ist diese Liste jedoch relativ leer. Unterm Strich kann in Deutschland jede Privatperson so gut wie jedes Wildtier halten. Die Liste muss dringend durch eine Positivliste ersetzt werden.Auf einer solchen Liste, wie beispielsweise in den Niederlanden oder Belgien vorhanden, sind lediglich Tiere vermerkt, die gehalten werden dürfen. Alle anderen nicht. Wildtiere gehören grundlegend nicht in die Hände von Privatpersonen [selbst in öffentliche Einrichtungen ist deren Haltung höchst fragwürdig].

 

Die Einführung einer Art Führerschein für die Haltung von Tieren wäre sinnvoll, ganz besonders bei Hunden. Die Zucht und der Handel von Tieren generell sollte eingedämmt, überwacht, idealerweise gänzlich verboten werden. Denn nicht nur unsere Einrichtungen sind voll, auch die Tierheime. Wenn die Flut von Tieren, die aufgrund der einfachen Beschaffung in einer Vielzahl in die Tierheime gespült werden, nicht zeitnah eingedämmt wird, folgt als nächster Schritt die Tötung.

Weiterhin ist eine großflächige Aufklärungskampagne sinnvoll, die staatlich geleitet, finanziert und umgesetzt wird, ähnlich der Milchkampagne, die bundesweit in Kindergärten geschieht.

Für die Handhabe mit freilebenden Hybriden gibt es in Italien das Beispiel, dass die Tiere eingefangen, kastriert bzw. sterilisiert und wieder ausgewildert werden.

 

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10 FAZIT |

Wölfe sind das Ergebnis von Jahrmillionen Evolution. Haushunde wurde in tausenden Jahren domestiziert. Die Rechnung, einen Wolf in einen Hund oder Wolfhund zu züchten, um die besten Eigenschaften der Tiere zu kombinieren, ist eine Rechnung, die letztlich fast nur aus unbekannten Variablen besteht. Letztlich bekommt der Mensch mit der Kreuzung nicht den idealen Begleiter bzw. das perfekte Arbeitstier, sondern genau das Gegenteil. Ein Lebewesen, das zwischen Natur und Zivilisation irrlichtert, das weder Hund noch Wolf ist.

Der Gedanke, auf jene banale Weise die Evolution nach eigenem Willen steuern zu können ist fast schon lächerlich, hätte es nicht solche tragischen Folgen. Tiere als Marke zu verkaufen ist das Höchstmaß an lebensverachtenden Praktiken und könnte von Empathie, gar Tierliebe, nicht weiter entfernt sein. Wie verurteilen einen solchen Umgang mit Lebewesen aufs schärfste und bitten aufrichtig, dies nicht zu unterstützen.

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Wer aktiv Wolfshybriden züchtet, kauft oder gar verkauft, fördert Missbrauch an der Natur und unterstützt extremes Tierleid.

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