Bärengräben

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Bärengräben

INHALTSVERZEICHNIS

1 - Historische Wurzeln
2 - Der Bär als Kulturgut
3 - Was macht der Graben mit den Bären
4 - Bärengräben - ein antiquiertes Konzept
5 - Die bekanntesten noch aktiven Bärengräben
6 - Positive Beispiele
7 - Projekt BEAR HOPE - Ein Lösungsansatz
8 - Fazit
 

 

3. April 2000 | Biberstein/Aargau, Schweiz - Braunbär MAX befindet sich in einer grünen Transportbox, diese hängt an einem Seil. Ein monströser Kran hebt das Tier aus einem tiefen Graben. Viele Jahre verbrachte er dort, in jener tristen Betongrube. EMMA, syrische Braunbärin, teilte sein Schicksal. Käptn Jo, schillernder Restaurantbetreiber, eine Art lebendige Karikatur, hatte die beiden Bären in seiner Erlebnisgaststätte Käpten Jo’s Aafähre ausgestellt. Fast 30 Jahre lang wurden dort Bären gehalten. Zur Belustigung der Gäste. Mit Beginn des neuen Jahrtausends endet diese Ära der Ausbeutung und Erniedrigung von Bären. Doch noch sehr lange haben MAX und EMMA mit dem Trauma der Grubenhaltung zu kämpfen. Die physischen Schäden bleiben irreparabel. 2018 stirbt EMMA an den Spätfolgen der lebensverachtenden Haltung. 
Das Ende der Haltung von Bären in Gefangenschaft als Unterhaltungsobjekt in jener, seiner Zeit berühmten Gastronomie, war das Ergebnis akribischer, hartnäckiger Aufklärungs- und Kampagnenarbeit. Ein bahnbrechender Erfolg und das im Heimatland des wohl berühmtesten Bärengrabens - dem Berner Bärengraben. 
Heute, 25 Jahre später, ist auch der Berner Bärengraben nur noch ein Relikt, ein Mahnmal vergangener Grausamkeiten gegenüber Tieren. Doch die Haltung von Bären, allen voran in Schlossgräben, ist noch immer bitterer Alltag. Zum einen weltberühmten UNESCO Weltkulturerbe. Zum anderen mitten in Deutschland. 

 

 

1- Historische Wurzeln

 

In zahlreichen, ehemaligen Hochkulturen sind Aufzeichnungen zu finden, in denen die Gefangenschaft von Wildtieren dokumentiert ist. China, Ägypten, Rom, Lateinamerika. Dabei erfüllte dies in der Regel nur einen Zweck - die Überlegenheit des Adels zu repräsentieren. Meist wurden diese in Menagerien gehalten, der Urform von Zoos, grob gesagt. 

Bären nehmen dahingehend einen besonderen Platz ein. Größe und Intelligenz des Tieres üben seit über 20.000 Jahren eine komplexe Faszination auf den Menschen aus. Es gibt etliche Bärengötter, regelrechte Bärenkults entstanden beispielsweise in Sibirien, wobei der bekannteste wohl auf die Ainu zurückgeht, die Ureinwohner der japanischen Insel Hokkaido. Doch auch in Mitteleuropa wurden Bären gar als Herren der Natur angesehen, zumal sie die größten Beutegreifer des europäischen Festlands sind. 

Zu Zeiten Caesars wurden tausende Bären eingefangen und nach Rom transportiert. Ab ca. 100 v. Chr. lässt sich der Beruf der ursarii finden, speziell ausgebildete Bärenfänger. Auch in römischen Provinzen [Germania superior - zu dem auch Teile der Schweiz gehörte] finden sich Nachweise sowohl für militärische als auch zivile ursarii. Diese fingen Bären unter anderem in Gruben ein. 

Mit dem Ausbau der Schloss- und Burganlagen im Mittelalter wurde auch deren Schutzvorkehrungen weiterentwickelt. Herrschaftshäuser wurden zunehmend sesshafter, daher wuchs die Wichtigkeit zum Schutz der Residenzen. Die Schutzgräben um die Areale wurden zunehmend tiefer. Diese wurden, je nach geographischer Lage, mit Wasser, spitzen Pflöcken oder eben auch Bären versehen. Besonders letztere verliehen nicht nur zusätzlichen Schutz, sondern repräsentierten auch Stärke, demonstrierten Überlegenheit über das größte Tier des Festlandes. 

Im Laufe der Jahrhunderte, verstärkt nach der Französischen Revolution, nahm die Bedeutung von Burgen und Schlössern als Herrschaftsresidenzen ab, die meisten Areale wurden zum Kulturgut der Bevölkerung. Dazu gehörten auch die Menagerien. Mit Einfluss des Bürgertums entwickelten sich im 19. Jahrhundert daraus die Zoos bzw. zoologischen Gärten. Die Formen der Anlagen passten sich weitestgehend der Moderne an, hauptsächlich mit dem Fokus, die gefangenen Tiere bestmöglich sehen zu können. 

Nur bei Bären wird bis heute an einigen Orten immer noch an den mittelalterlichen Praktiken festgehalten. 

 

Doch warum ist ein Bärengraben so praktisch für den Halter?

 

Die Haltung von Bären stellt 3 große Herausforderungen an die Anlage: 

 

1 - Bären können extrem gut klettern  

2 - Bären können extrem gut graben

3 - Bären sind extrem intelligent

 

Folglich war ein die Haltung in einem Schloss- oder auch Stadtgraben relativ praktisch für die Halter. Denn diese waren in der Regel bereits vorhanden. Der berühmte Berner Bärengraben selbst ist durch eine solch pragmatische Handhabe entstanden:  

1513 kamen die Berner Truppen aus einer erfolgreichen Schlacht zurück und hatten als Zeichen ihres Triumphs einen Bären dabei. Er wurde im Stadtgraben gehalten, der heute noch Bärenplatz heißt. Dort entstand 1515 der erste Berner Bärengraben. 

In den darauffolgenden Jahrhunderten kam es zu unzähligen Gefangenschaften von Bären in Bärengräben. Unter Adligen gehörte es fast zum guten Ton, Bären zu verschenken. Beispielsweise erhielt der Böblinger Vogt 1553 ein Schreiben, in welchem ihm vier junger Berenn von seinem Vorgesetzten, Herzog Christoph, geschickt werden würden. Diese solle er in dem ainen graben nebeneinander laufen lassen. Sprich: dem Schlossgraben [Quelle].

Eine Tradition, die später von Zoos übernommen wurden. So schenkte u.a. der Zoo Innsbruck die 1994 geborene Braunbärin Marie Terezie dem Schloss Český Krumlov. Dort lebt sie noch heute und gehört somit zum Inventar eines UNESCO Weltkulturerbes. 

 

2Der Bär als Kulturgut

 

Namen, Wappen, Redewendungen - Bären sind omnipräsent in unserer Kultur. Die Identifikation mit den Bären, mit den Eigenschaften wie Kraft und Intelligenz, gepaart mit der geradezu wilden Schönheit, wird dem realen Tier leider zum Verhängnis. Denn die Verbindung zum Bären, auf welche Art auch immer [Fun Fact: art ist das keltische Wort für Bär], bildet die Grundlage, vielmehr die Rechtfertigung, Bären in Gefangenschaft in Gräben zu halten. Was allerdings als Kulturgut in Form von Traditionen zur gemeinsamen Identität beiträgt, basiert meistens auf konstruierter, fiktiver Geschichte. 

Wieder liefert Bern ein ideales Beispiel dafür - ursprünglich ging die Identifikation mit Bären darauf zurück, dass der Gründer von Bern, Berchthold V von Zähringen, an der Stelle, an dem das Gebiet Bern gegründet wurde, als erstes einen Bären erlegt haben soll. Daher wohl der Name Bern. Neuere Forschungen gehen allerdings davon aus, dass es sich bei Namensgebung eher auf das Wort Berna bezieht, das keltische Wort für Kluft oder Schlucht, die nämlich den Ort ganz gut beschreibt, an welchem die erste Siedlung Berns gegründet wurde.

Im Schloss Český Krumlov ist der Bezug zum Bären eine angedichtete Verwandtschaft. Urheber dessen ist der damalige Oberste Burggraf von Böhmen, Wilhelm von Rosenberg. Seine Familie war mit den Herren von Krumau verwandt, die im 13.Jahrhundert die Burg, aus der später das Schloss wurde, gründeten. Als Wilhelm von Rosenberg Burgherr war, Mitte des 16 Jahrhunderts, dichtete er seinem Stammbaum eine Verwandtschaft zu der Familie Orsini, eine der bis heute einflussreichsten Familien Europas, hinzu. Um dies zu untermauern, fügte er dem Familienwappen, einem fünfblättrigen Rosenblatt, zwei Bären hinzu. Zeitgleich zogen auch die ersten Bären auf Schloss Krumlov ein. 

Wo sich der damalige, erste Bärengraben auf dem Schloss befand, ist heute nicht mehr nachzuvollziehen. Dort, wo heute noch Bären leben, lassen sich erste Aufzeichnungen 1707 finden. Die Verwandtschaft hingegen konnte nie nachgewiesen werden.

Nice to know - tatsächlich gibt es eine Orsini-Rosenberg Familie, diese Rosenbergs stammen allerdings aus der Steiermark, Österreich.

 

3 - Was macht der Graben mit den Bären?

 

Bärengräben gehören zu den denkbar ungünstigsten Lebensräumen für Bären. Sie sind viel zu klein, bieten kaum, meistens gar keine Rückzugsmöglichkeiten. In der Regel besteht der Boden aus Beton oder Stein, dh. der Bär kann dort nicht graben, läuft auf viel zu harten Untergrund. Einziges Stück Natur ist der Himmel, der weit oben über den Graben thront. Meist sind die Bärengräben Touristenattraktionen, nicht selten werfen Besucher Futter hinab. Die Bären schauen nach oben, stellen sich auf, sitzen viel. Weder ihre geistigen noch körperlichen Fähigkeiten werden annähernd bedient. Die Bären, die wir in solchen Gräben vorfanden, litten ausnahmslos an Arthrose, eine Folge des harten Untergrunds. Massive Stereotypien konnten wir beispielsweise bei den Bären in Krumlov dokumentieren. 

 

Starke Verhaltensstörungen sind bei der Gefangenschaft in Bärengräben vorprogrammiert. Dazu gehören allen voran Kopfweben und -schütteln sowie im Kreislaufen. Dies gepaart mit dem festen Stein- oder Betonboden zerstört systematisch den Körperbau der Bären. Eine Versteifung von Wirbeln konnten wir beispielsweise bei der Bärin EMMA feststellen. 

 

4 - Bärengräben - ein antiquiertes Konzept

 

Nicht nur für die Bären hat die Haltung Nachteile. Ein Grund, warum hauptsächlich Adlige Bären hielten, war der, dass sich nur wohlhabende diese enormen Futterkosten leisten konnten. In Böblingen wurde gar eine Stiftung gegründet, um für die Futterkosten der Bären aufzukommen. Weiterhin kam es zu Erkrankungen der Tiere, u.a. aufgrund mangelhafter/falscher Ernährung. 

Mit wachsendem Bewusstsein über das Leid der Tiere verloren Bärengräben zudem an Beliebtheit. Der hohe Aufwand, Bärengräben zu unterhalten, in Kombination mit steigender Empathie und daraus resultierenden Protesten, wie zur Jahrtausendwende bei Käptn Joe, ließen die Haltung von Bären in Schlossgräben vielerorts auslaufen. Im Laufe der letzten gut 200 Jahre sind somit - und vollkommen zurecht - fast alle Bärengräben-Haltungen beendet wurden. 

Jüngster Erfolg ist auf dem geschichtsträchtigen Schloss Konopiste in der Tschechischen Republik zu verzeichnen. Dort, auf dem ehemaligen Jagdschloss des Erzherzogs Franz Ferdinands, lebte bis Dezember 2024 ein Kragenbär. Dieser wurde jedoch aus dem Graben in eine naturnahe Anlage verbracht. Seitdem steht das Areal leer und soll auch in Zukunft keine Bären mehr beherbergen. 

Český Krumlov, nicht zuletzt durch den Deckmantel als UNESCO Weltkulturerbe, bildet dahingehend bis heute den wohl bekanntesten, noch aktiven Bärengraben. Doch auch in Deutschland wird trotz aller Proteste und biologischen Faktendarbietung in einigen Orten an der grauenhaften Haltung festgehalten.

 

5 - Die bekanntesten noch aktiven Bärengräben

 

Tierleid als Kulturgut - Český Krumlov | Das UNESCO Weltkulturerbe ist ein an sich malerischer Ort in Böhmen. Die Altstadt ist geradezu märchenhaft. Jährlich zieht es Millionen Touristen aus aller Welt in die Kleinstadt. 

Im dortigen Graben des Schlosses Krumlov leben aktuell 3 Bären. Marie Terezie [32], Vilem [7], Polyxena [7|. Diese sind im Besitz des Nationalen Denkmalinstituts Tschechiens. Aktuell befinden wir uns in Verhandlungen, die Bärenhaltung dort zu beenden. Doch die Gegenwehr ist vehement. Alle Fakten, alle Argumente, alle Alternativen, die Anlage aufzuarbeiten und pädagogisch sinnvoll in den bezaubernden Schlosskomplex einzubinden werden stets mit einem Wort niedergeschmettert: Tradition.

 

Makaberer Sidefact: die beiden jungen Bären, Vilem und Polyxena, wurden in dem kargen, tristen Steingraben als Tierschutzfälle aufgenommen. Einst wurden sie am Flughafen in Prag beschlagnahmt und es gab (angeblich) keinen anderen Ort, an dem die Bären ein neues Zuhause hätten finden können. Daher wurden wir des öfteren von den Verantwortlichen in Krumlov mit dem Argument konfrontiert, das Schloss sei eine Tierschutzeinrichtung. 

 

Das Märchen vom artgerechten Bärengraben - Schloss Hartenfels in Torgau | Auch in Deutschland wird immer wieder das Wort Tradition bzw. die Identifikation mit den Bären als Wahrzeichen der Stadt verwendet, um die Gefangenschaft in Schlossgräben zu rechtfertigen. Der bekannteste Vertreter hat dahingehend gar eine längere Tradition des Tiermissbrauchs: im Schloss Hartenfels in Torgau, Sachsen, leiden seit 1452 Bären in einem Graben. Die Geschwister Benno und Bea [11] leben seit 2015 im dortigen Bärengraben. Trotz massiver Proteste hält die Stadt unermüdlich an der Haltung fest. Immer wieder wurde die Anlage umgebaut. Sie wird als artgerecht beworben. Einmal pro Woche kommt nach eigenen Angaben eine Tiertrainerin vorbei, um mit den Bären zu arbeiten, damit beispielsweise die Krallen geschnitten werden können, ohne das eine Narkose fällig wäre. 

Fangfrage: wenn die Anlage angeblich artgerecht ist, warum müssen dann Krallen geschnitten werden? 

Mal ganz abgesehen davon, dass es eine artgerechte Haltung von Bären überhaupt nicht gibt, nicht geben kann, widerspricht die Haltung in Bärenställen im Keller eines Schlosses jedweden tiergerechter Umgang mit Bären. 

 

Makaberer Sidefact: zu Hochzeiten lebten auf Schloss Hartenfels 39 Bären. Diese wurden in öffentlichen Veranstaltungen, im Rahmen s.g. Bärenhatzen, gejagt. Diese dürften eine Mischung aus Gladiatorenkämpfen in der Antike und Stierkämpfen gewesen sein. Bewaffnete Fürsten machten, z.Z. mit Hunden, Jagd auf die hilflosen Bären.

Bär im Kloster – San Romedio | Kein klassischer Bärengraben, aber ziemlich nah dran: das Kloster in San Romedio, Italien, ist zwar kein Schloss mit Bären, aber ein hochfrequentierter Wallfahrtsort. 

 

Ende des 12. Jahrhunderts lassen sich die ersten Aufzeichnungen einer Art Kloster zu Ehren des heiligen Romedius finden. Die Legende besagt, dass St. Romedius auf seiner Reise zum Bischof von Trient auf einen Bären ritt, welcher zuvor sein Pferd zerfleischt habe. Dem Geistlichen blieb daher keine andere Wahl, als den Bären Zaumzeug anzulegen. Da dieser dies, zur großen Überraschung aller Beteiligten, tatsächlich zuließ, wird Romedius auch der Heilige mit dem Bären genannt. Aufgrund dieser, relativ schwer nachzuweisenden Legende, wurden am Fuße des Klosters mehrere Generationen an Bären in Gefangenschaft gehalten. Die Ähnlichkeit zu einem Bären-Schloss liegt darin, dass auch hier die Begrenzung hohe Mauern sind, von denen die Menschen auf das Tier herab blicken können. Tatsächlich lebte hier die Bärin JURKA von 2007-2008, Mutter von BRUNO und JJ4, die 2010 bei uns im Alternativen Wolf- und Bärenpark Schwarzwald ein neues, tiergerechtes Zuhause fand. 

 

Makaberer Sidefact: heute lebt dort immernoch ein Bär, der Bruno heißt. 

 

Positiver Ausblick: San Romedio ist seit 2021 im Verfahren, ein UNESCO Weltkulturerbe zu werden, ebenso wie die Stadt und das Schloss Krumlov, doch aufgrund der Entwicklung durch die wachsende Kritik, unter anderem durch Aktionen der STIFTUNG für BÄREN und anderer EARS-Organisationen, wird die Bärenhaltung allen Anschein nach auslaufen, wenn Bruno eines Tages verstorben sein wird. 

 

6 - Positive Beispiele

 

Der Berliner Bärenzwinger im Köllnischen Park ist zwar kein klassischer Bärengraben an sich, doch die Umgestaltung könnte ein Vorbild für Areale wie Torgau, Droyßig oder auch Český Krumlov sein. Die Bärenhaltung lief aus, das Areal wurde saniert und Besuchern zugänglich gemacht. Neben einer historischen Aufarbeitung und der offen kommunizierten Erkenntnis, dass sich bewusst im Sinne des Tierwohls entschieden wurde, bietet der Bärenzwinger Berlin Raum für wechselnde Ausstellungen. D.h. Geschichte und Moderne gehen Hand in Hand für einen zeitgemäßen Umgang mit Traditionen, eine gelebte Kultur, die sich von Generation zu Generation weiterentwickelt mit einem gleichermaßen objektiven wie respektvollen Blick auf die Vergangenheit. 

 

Erwähnenswert ist weiterhin der berühmte Berner Bärengraben, der zwar die Bärenhaltung nicht komplett aufgegeben hat, aber zumindest durch den Bau des BärenParks ein Ende der Ära Bärengraben umgesetzt hat. Nach mehreren Standortwechseln wurde der Bärengraben aufgegeben und seit 2009, mit Unterstützung der STIFTUNG für BÄREN -Wildtier- und Artenschutz, zum BärenPark umgebaut. 

 

Spannend ist die Situation in Bernburg, dort gibt es ebenfalls ein Schloss mit Bären. Nachdem der letzte Vierbeiner im Bärengraben 2018 verstarb, wurde das Areal zunächst saniert. Nach Beendigung der Arbeiten wurde das Thema erneut zur öffentlichen Debatte. Tradition oder Tierwohl? Der öffentliche Druck scheint, zumindest bis zum aktuellen Zeitpunkt, groß genug zu sein, dass die Bärenhaltung im Schlosszwinger nicht neu aufgelegt werden wird. 

 

Auch auf dem Possen, einer Freizeiteinrichtung in Sondershausen, Thüringen, wurden einst Bären in einer tiefen Grube gehalten. Doch hier wurde die Haltung in der Grube beendet. Heute gibt es zwar immer noch Bären auf dem Possen, allerdings wurde die dortige Anlage basierend auf der Beratung der STIFTUNG für BÄREN -Wildtier- und Artenschutz tiergerecht umgebaut. 2010 konnte dorthin sogar ein Tierschutzfall vermittelt werden. Dabei handelte es sich um den Braunbären PEPE, Bruder des im Alternativen Bärenpark Worbis lebenden PEDRO.

 

7 - Projekt BEAR HOPE - ein Lösungsansatz

 

Auch bei unserer Arbeit fängt es oft mit einem Brief bzw. einer E-Mail an. Im Falle des Schlossgrabens in Český Krumlov erhielten wir Hinweise von Leuten, die vor Ort das Leid der Bären sahen und etwas dagegen tun wollten. Unser erster Schritt besteht in der Regel darin, Kontakt zu den Verantwortlichen aufzunehmen. Dies klappt mal gut, mal schleppend, mal gar nicht. Bei den Bärengraben Český Krumlov war eher letzteres der Fall. Doch wir legten Ausdauer an den Tag, blieben weiter dran und schließlich ist als Team mit unseren EARS Partnern BEARS in MIND eine Kooperation mit dem Nationalen Denkmalinstitut Tschechien sowie ein Memorandum of Understanding mit dem tschechischen Umweltministerium zu Stande gekommen. Dabei handelt es sich um eine Aufklärungskampagne in Sachen Bärengräben bzw. Bären in Gefangenschaft in Gräben. Diese trägt den Titel BEAR HOPE [MEDVĚDÍ NADĚJE] und es geht darum, die Bevölkerung, die sehr stark an der Tradition festhalten, über das Leid aufzuklären, dass durch die Haltung in Schlossgräben entsteht sowie Alternativen zu bieten, sowohl die Tiere tiergerecht unterzubringen als auch die Anlagen pädagogisch wertvoll umzuarbeiten. Dabei fließen zum einen unsere Erfahrungen im Umgang mit traumatisierten Bären ein, zum anderen die Realisierung interaktiver Infotainment-Elemente, die BesucherInnen ein zeitgemäßes Bild von Wildtieren vermitteln. Ein erster Erfolg war die Übersiedlung des Bären Jirka raus aus dem Bärengraben Konopiste. 

 

Neben der Einigung, alle Bären aus tschechischen Schlossgräben bis 2030 zu befreien, ist ein Teil des Projekts eine Konferenz vor Ort auf dem Schloss Český Krumlov am 15.04.2025. Dabei werden Repräsentanten der Stadt und des Schlosses ihre Sicht schildern können, Biologen und Veterinärmediziner werden sich fachlich zur Gefangenschaft in Bärengräben äußern und natürlich kommen BEARS in MIND und wir, die STIFTUNG für BÄREN -Wildtier- und Artenschutz zu Wort. 

 

Diese Aktion ist ein Pilotprojekt und kann durchaus aus Vorbild für deutsche Bärengräben wie Torgau oder Droißig fungieren. Die Grundidee – Bären aus den Graben verbringen, eine Anlage in der Nähe tiergerecht umgestalten und den Schlossgraben pädagogisch aufwerten.

 

8 - Fazit

 

Wir sind immer wieder erschrocken darüber, wie radikal (man kann es wirklich nicht anders sagen) Empathie und Fakten ausgeblendet werden, wenn wir auf den Missbrauch aufmerksam machen, der durch menschliche Kultur verursacht wird. Als wir beispielsweise den Kastellan vom Schloss Český Krumlov mit den Videoaufnahmen konfrontierten, die wir am Tag zu vor von den stark stereotypen Bären im Graben filmten, wurde uns vorgeworfen, wir würden die Tradition und die harte, aufopferungsvolle Arbeit des Bärenpflegers verunglimpfen. In Folge dessen kam zudem das Argument, dass er schließlich arbeitslos wäre, wenn die Bären weg wären. 

 

Tier sind keine Dinge. Sie sind kein Besitz, sondern Lebewesen. Darüber gibt es keine Diskussion, eigentlich jeder Mensch stimmt dem zu, doch wenn es darum geht, Bären aus einem Kulturgut zu befreien, wird dies komplett ausgeblendet. Dann ist nicht mehr der Bär und sein Wohlbefinden das Thema, sondern, dass Menschen das Gefühl haben, wir würden ihnen etwas wegnehmen. Und plötzlich sind die Tiere Gegenstände, Besitztümer, Teil der Identität. 

 

Wir wollen niemanden etwas wegnehmen, sondern Tierleid bekämpfen. Wir möchten keine alten Traditionen in Frage stellen, im Gegenteil, wir möchten mit einem nüchternen Blick dazu beitragen, jene Traditionen zu modernisieren, eben damit sie auch die Zeit überdauern. Bei der Recherche über das Thema Bärengräben ist auffällig, wie stark die Entwicklung ist, wie die Gesellschaft wuchs und diese Praktiken der Bärengräben schon seit über hundert Jahren nicht mehr ins Zeitgeschehen passte. Alle Schlösser haben sich im Laufe der Jahrhunderte entwickelt, kaum noch leben dort Fürsten, Herzoge oder sonstiger Adel. Die Gesellschaft hat sich von dieser Herrschaftsform befreit. Das mindeste wäre es, auch den Bären eine ähnliche Chance zu geben. 

Was ihr tun könnt 

1 | wendet euch an die Verantwortlichen. Schreibt Briefe, E-Mails. Postet Gegenstimmen in den sozialen Medien, protestiert vor Ort gegen das Leid. Holt Freunde und Familie mit ins Boot, teilt es und sagt ihnen, dass auch sie es verbreiten sollen. Falls ihr biologische Argumente braucht, positive Beispiele und Lösungsansätze, dann nutzt unsere Vorlage. 

2 | Meldet uns Haltungen, die ihr seht. Auch wir sind nicht unfehlbar. Wenn ihr Haltungen in Schlössern, Gräben oder Zwingern seht, dann nutzt unsere BEAR ALERT - App oder schreibt uns direkt eine Mail an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!. Dokumentiert die Fälle, sendet uns Fotos. Auch, wenn uns die Situationen bereits bekannt sein sollten, ist es immer von Vorteil, aktuelle Bilder in unseren Archiven zu haben. 

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