Beim Blick auf den Geburtstagskalender unserer Bären, egal, ob in Worbis oder im Schwarzwald, fällt direkt auf: die meisten Bären sind im Januar zur Welt gekommen. Woran liegt das?

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Bärenbaum im Schwarzwald

Habt ihr euch schon einmal gefragt, wie Bären miteinander kommunizieren? Eine besonders faszinierende Variante möchten wir euch heute vorstellen: den Bärenbaum!

Was ist das?

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Bärin Jurka - Mutter von JJ4 (Gaia)
Anlass für die Newsserie:
Die STIFTUNG für BÄREN hat angeboten, die ehemalige Wildbärin JJ4 aus dem italienischen Trentino im Alternativen Wolf- und Bärenpark Schwarzwald aufzunehmen. Wir nehmen die Geschichte von JJ4 zum Anlass, in einer fünfteiligen Newsserie die Situation von Wildbären in Italien und Europa aus verschiedenen Perspektiven zu durchleuchten und Handlungswege für die Zukunft im Umgang

 

Die Situation von JJ4 aus Bären-Perspektive

Faktencheck

Die Wildbärin JJ4 wurde, nachdem sie mutmaßlich einen Jogger Anfang April 2023 im Trentino getötet hat, zwei Wochen später in einer Rohrfalle mit ihrem Nachwuchs gefangen. Die Jungtiere wurden sofort wieder in die Natur entlassen, da man sie bereits als allein überlebensfähig erachtete. JJ4 ist seither in Castellar in der Forstlichen Auffangstation untergebracht. Schon zuvor wurde die Bärin aufgrund zweier Übergriffe auf Menschen auffällig. In allen bekannten Fällen führte sie Jungtiere mit sich. Anders als ihre Mutter JURKA, ihre Brüder JJ1, JJ2 und JJ3 oder ihre Halbschwester ISA (DJ3), näherte sich JJ4 jedoch nie menschlichen Siedlungen und richtete dort Schäden an.

Hintergründe zur Herkunft von JJ4

JJ4 ist die Tochter von JURKA, Halbschwester von ISA und Schwester von Bruno (JJ1), der 2006 in Bayern als „Problembär“ deklariert wurde und in die deutsche Geschichte einging. Bruno war der erste Bär, der seit der Ausrottung des Bären in Deutschland vor bald 200 Jahren über die Alpen aus Italien einwanderte. Am 26.06.2006 wurde er auf Anordnung der Behörden erschossen, nachdem er die Nähe von Menschen nicht scheute, Nutztiere tötete und Bienenstöcke plünderte.

JURKA, wurde 1999 im Zuge des Life Ursus Projektes von Slowenien ins italienische Trentino zur Auffrischung der dortigen Bärenpopulation gebracht. Auch JURKA wurde eingefangen und der Natur entnommen, weil sie ihre Scheu vor Menschen verloren hatte, nachdem Menschen sie mutmaßlich anfütterten. Ihrem Nachwuchs gab sie dieses Verhalten weiter, was zur Tötung von JJ1, JJ2 und JJ3 in Deutschland, Italien und der Schweiz führte. JJ4 ist damit der noch einzig lebende Nachwuchs aus diesem Wurf.

Sind Bären für uns Menschen gefährlich oder wir für sie?

An sich haben wir Menschen vor den scheuen Tieren nichts zu befürchten, denn sie ernähren sich vorwiegend vegetarisch. Wir sind für sie keine Beute. Die Verfolgung durch den Menschen hat bewirkt, dass die meisten Bären in Europa überwiegend dämmerungs- und nachtaktiv sind. Wenn es zu einer Konfliktsituation kommt, sind wir ihnen jedoch körperlich in jeder Hinsicht unterlegen. Daher ist ein respektvolles und umsichtiges Verhalten in Gebieten mit Bärenvorkommen für die eigene Sicherheit unerlässlich, dient aber letztlich auch dem Schutz der Bären

 

Wir freuen uns über jede Spende, die uns beim Bau der Hochsicherheitsanlage zur Aufnahme von JJ4 unterstützt.

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Der Bär – ein instinktiver und lernfähiger Opportunist

Grundsätzlich versuchen Bären Gefahren, die ihre Gesundheit oder ihr Leben bedrohen könnten, möglichst zu vermeiden. Werden Bärenmütter in Begleitung ihres Nachwuchses jedoch überrascht, verteidigen sie diesen instinktiv, um das Überleben der eigenen Art zu sichern. Eine ähnliche Gefahr geht von verletzten, ruhenden Bären oder Bären beim Fressen aus, wenn sie von Menschen überrascht werden.

Bären sind Opportunisten und suchen in der Regel den einfachsten und energiesparendsten Weg, um an Nahrung zu gelangen. Dichte, Qualität und Zugänglichkeit des Nahrungsangebotes entscheiden über die Größe und geografische Lage des Lebensraums. Sie sind viele Stunden am Tag mit der Nahrungssuche beschäftigt und legen dabei oft weite Strecken zurück.

Ihr extrem guter Geruchssinn erstreckt sich über mehrere Kilometer. Liegt ihr Streifgebiet in der Nähe zu Siedlungen mit leicht zugänglichen Abfalltonnen oder nahe schlecht bzw. ungeschützter Nutztiere, Bienenstöcke oder Obstplantagen, können Bären dazu verleitet werden, ihren Nahrungsbedarf immer wieder auf diese Weise zu decken, wenn sie nicht konsequent vertrieben oder vergrämt werden. Es tritt ein unerwünschter Lern- bzw. Gewöhnungseffekt ein und menschlicher Geruch verliert seine abschreckende Wirkung. Das Konfliktrisiko steigt, was besonders für Bärennachwuchs, der dieses Verhalten von klein auf erlernt, einen Teufelskreis in Gang setzt. Gleiches gilt natürlich, wenn Menschen unbedarft oder aus eigennützigen Gründen Bären anfüttern.

Erfolglose Partnersuche mit fatalen Folgen

Zusammenhängende Lebensräume, in denen Bären Nahrung finden, abwandern und sich mit anderen nicht verwandten Bären verpaaren können, sind die Voraussetzung für den Fortbestand gesunder Bärenpopulationen. Die Bärenpopulation in den Bergen der Region Trentino ist inzwischen auf ca. 100 Bären angestiegen.

Bärinnen leben ca. 2-3 Jahre lang mit ihrem Nachwuchs zusammen, bevor sie diesen vertreiben, um sich erneut paaren zu können. Während weibliche Bären nach ihrer Geschlechtsreife eher ortstreu im Aktionsraum der Mutter bleiben, nehmen männliche Tiere auf der Suche nach einer Partnerin weite Strecken über Landesgrenzen hinweg und entsprechende Risiken auf sich. Mit zunehmender Besatzdichte dehnt sich auch das Verbreitungsgebiet der weiblichen Tiere weiter aus.

Zum Teil durchkreuzen stark befahrene Straßen- und Schienennetze die Wanderrouten der Bären aus dem Trentino in die Nachbarländer Deutschland, Österreich und Slowenien und stellen eine tödliche Gefahr oder ein unüberwindliches Hindernis dar.

Seit ihrer Ausrottung in Deutschland, Österreich oder der Schweiz sind Bären dort nie wieder dauerhaft ansässig geworden. Bisher kamen nur männliche Tiere über die Grenzen in die Nachbarländer. Doch nicht jede Region ist ausreichend auf die einwandernden Bären aus dem Trentino vorbereitet. So kommt es immer wieder vor, dass die Bären dort Nutztiere reißen, Schäden anrichten und neue Konflikte entstehen.

Nach erfolgloser Partnerinnensuche kehren die Bärenmänner unverrichteter Dinge in ihr Ursprungsgebiet nach Italien zurück und verpaaren sich dort. Die Populationsdichte steigt demnach stetig an und mit ihr auch das Konfliktpotential. Seit dem Tod des Joggers Andrea Papi üben die Menschen immer häufiger Selbstjustiz. Laut Medien wurden im vergangenen Jahr zwischen April und Oktober nach dem Tod von Papi sieben tote Bären aufgefunden.

Den Bären im Trentino geht es zunehmend an den Kragen. Inzwischen wurde in der Provinz eine Gesetzesänderung verabschiedet, die eine Tötungsquote von acht Bären pro Jahr erlaubt. Tierschutzorganisationen haben dagegen vor dem Europäischen Gerichtshof geklagt. Ein Urteil steht noch aus. Im Juli wurde die Bärin KJ1 per Beschluss des Landeshauptmann binnen weniger Stunden erschossen, nachdem auch sie einen französischen Touristen verletzte. Wie JJ4, war auch sie mit ihrem Nachwuchs unterwegs.

Ist das Schicksal der Bären im Trentino besiegelt?

Das herausragende Problem auf langfristige Sicht ist die regionale Begrenzung der Bärenpopulationen auf das Trentino mangels weiblicher Tiere in den angrenzenden DACH-Regionen und auch in den direkt angrenzenden Gebieten in Slowenien. Ohne sie, kann im trentinischen Alpenraum keine Entspannung erfolgen.

Wie eine Studie[1] von Dr. Néstor Fernández vom Forschungszentrum iDiv und der Universität Halle jedoch belegt, gäbe es in Europa über eine Million Quadratkilometern geeigneten Lebensraum für Bären, von denen zum Zeitpunkt der Studie rund 37 % noch nicht besiedelt waren. In Deutschland[2] sind 16.000 km[2] identifiziert worden, wobei eine natürliche Wiederansiedlung in der Alpenregion jedoch am wahrscheinlichsten ist.


Abstimmung: Wie stehen Sie dazu?

Würden Sie die Rückkehr von Bären in den Alpenregionen der DACH-Länder begrüßen?

Nein, ein Leben ohne freilebende Bären ist mir lieber (links)
Ja, Bären sollen wieder einen Platz in unserer Natur bekommen (rechts)

Die Position der STIFTUNG für BÄREN – Wildtier- und Artenschutz:

Grundsätzlich befürworten wir eine Rückkehr von Bären in Deutschland. Aus unserer Sicht müsste mehr für ein vorausschauendes und vor allem transnationales Bären-Management mit intensivem Monitoring zu den Bewegungs- und Verhaltensmustern der Bären getan werden. Nur so können geeignete und rechtzeitige Maßnahmen ergriffen werden, die Bären und Menschen gleichermaßen schützen und ein konfliktarmes Zusammenleben ermöglichen. Solange keine weiblichen Tiere abwandern oder umgesiedelt werden, hat die Rückkehr des Bären in Deutschland oder den Nachbarländern Österreich und der Schweiz derzeit nur wenig Aussicht auf Erfolg. Zur besseren Vorbereitung sollten wir aus den guten, wie den schlechten Erfahrungen der Länder mit Bärenpopulationen lernen und sämtliche Interessensvertreter von Anfang an einbinden, damit Bären auch bei uns eine Chance haben, akzeptiert zu werden.

 

Wir freuen uns über jede Spende, die uns beim Bau der Hochsicherheitsanlage zur Aufnahme von JJ4 unterstützt.

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Analyse der Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken des Life Ursus Projektes

Stärken:

Das Life Ursus Projekt hat gezeigt, dass Bärenpopulationen sich erholen können. Seit dem Start 1999 ist die Population von 13 Bären auf ca. 100-120 Tiere inkl. Jungtiere angewachsen, geschätztes Verbreitungsgebiet ca. 41.217 km² (lt. Bericht 2022)

Schwächen:

Unzureichende und zu späte Aufklärung der Bevölkerung über das richtige Verhalten, politische Entscheidungen orientieren sich stark an lokaler Wählermeinung ohne Weitsicht für Artenschutz.

Chancen:

In den alpinen DACH-Nachbarländern hätten Bären aus dem Trentino die Chance sich anzusiedeln und so den Druck auf die Region zu reduzieren.Voraussetzung: intensive Aufklärung, flächendeckende Schutzvorkehrungen, Umsiedlung oder Abwanderung weiblicher Bären.

Risiken:

Ohne Abwanderungsmöglichkeit und steigende Populationszahlen nimmt die Wahrscheinlichkeit von Konfliktsituationen und die Fälle von Selbstjustiz zu. Der politische Druck für Maßnahmen zur Reduzierung der Bären wächst. 


Teil 2: Die menschliche Dimension des Problems

Faktencheck:

Als die Machbarkeitsstudie zum Life Ursus Projekt im Jahr 1996 startete, sprachen sich laut Meinungsumfrage[3] über 70% der befragten Einwohner*innen der Region, in der die Bären ausgesetzt werden sollten, dafür aus. 2004 waren immer noch 76% der Bevölkerung laut Umfrage[4] für das Verbleiben der Bären im Trentino. Seit dem Todesfall von Andrea Papi ist die Stimmung gekippt. Mit aktuell über 100 Bären und sich häufender Bärensichtungen in Siedlungen schwindet der lokale Zuspruch für die Tiere. Die Population wächst[5] stetig an. Viele Einheimische der Region fordern eine drastische Reduzierung und machen Druck auf die Behörden.

Lokale Bevölkerung macht mobil gegen Bären und Wölfe© A Beetz Brothers film production in co-production with Miramonte Film, BR, SWR and Sky

Laut Machbarkeitsstudie wurde ein Lebensraum für mindestens 50 Bären prognostiziert. Der Landeshauptmann Fugatti spricht seit dem Vorfall öffentlich nur von maximal 50 Bären und will die Population halbieren. Dafür ließ er ein Gesetz verabschieden, wonach acht Bären pro Jahr geschossen werden dürfen. Tierschutzorganisationen, die den Abschuss von JJ4 bereits gerichtlich verhinderten, klagen gegen das Gesetz beim Europäischen Gerichtshof. Seit 2014 kam es im Trentino zu neun Bärenangriffen.

Landeshauptmann Fugatti spricht auf Anti-Bären-Demo© A Beetz Brothers film production in co-production with Miramonte Film, BR, SWR and Sky

Welchen Wert hat die Natur für uns?

Dank EU-Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie, der Berner Konvention und vieler einzelner Schutzprojekte konnten sich die Bärenpopulationen in Europa erholen[6]. So auch in den Alpen im Trentino. Gleich-zeitig werden durch Infrastrukturmaßnahmen Lebensräume in den Kerngebieten für Bärenpopulationen durchschnitten und durch Waldrodungen und Straßenbau verkleinert (insbesondere in Rumänien, dem Kerngebiet für Bärenvorkommen). Auf der Suche nach Nahrung dringen die Bären immer häufiger in die Siedlungsräume der Menschen vor. Konflikte häufen sich und sorgen für Rufe nach Lockerung des Schutzstatus von Bären. Die Frage, ob Bären für Menschen grundsätzliche einen Mehrwert haben, taucht immer öfter auf und führt uns zur Kernfrage, welchen Stellenwert wir den Wildtieren grundsätzlich beimessen. Dieser entscheidet letztlich darüber, ob Großbeutegreifer bei uns eine Zukunft haben. Unsere Meinung gegenüber Bären ist durch verschiedene Faktoren geprägt: Haben wir schon Erfahrungen mit Bären gemacht und wenn ja, waren diese gut oder schlecht? Was wissen wir über Bärenverhalten? Wie und in welchem Maß sind oder wären wir von ihrer Rückkehr betroffen z.B. im Hinblick auf wirtschaftliche oder politische Interessen? Welchen Einfluss üben Meinungsmacher auf uns aus, die (Falsch-)Informationen verbreiten? Diese und andere Fragen behandelt das Modell-Projekt zur Bär-Mensch-Koexistenz im Abruzzen-Nationalpark[7] der ETH-Forscherin Paula Mayer.

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Böser Wolf oder Bambi-Syndrom – zwischen Urangst und Naivität

Der Mythos vom bösen Wolf und das „Bambi-Syndrom“ sind trotz wissenschaftlicher Dokus bis heute nicht ganz ausgestorben, genauso wie der archaische Jagdtrieb und „biblische Ansprüche“ des Menschen, über die Natur herrschen zu wollen. Alles wirkt noch tief in uns.

Ob wir in der Stadt aufwuchsen oder auf dem Land geboren wurden, beeinflusst unseren Blick auf die Natur. Wald und Wildnis stehen hoch im Kurs beim Freizeitverhalten von Stadtmenschen, während sie für die Landbevölkerung Heimat und Teil ihrer kulturellen Identität sind. Eine Natur, in der Bären leben, ist für die einen ein verklärter Sehnsuchtsort, für andere eine Gefahr, die es zu beherrschen gilt. Ob Städter oder Landmensch, wenn sich Menschen in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt oder gar bedroht fühlen, wird für sie der Bär schnell zum „Problembär“.

Über Bergbauern und Beihilfen – wenn der Zweck die Mittel heiligt

Die Bedeutung der Berglandwirtschaft im Alpenraum hat lange Tradition. Im Zuge des Strukturwandels in den 60er/70er Jahren rutschte die einstige Lebensexistenz der Almbäuer*innen großteils in den subventionierten[8] Nebenerwerb (in der BRD mit jährlich 1,7 Mio. EUR). Die heutige Almwirtschaft dient vor allem dem Erhalt einer traditionell entstandenen Kulturlandschaft, die einen eigenen Artenreichtum hervorbrachte und regional als Erholungsgebiet einen wichtigen Wirtschaftsfaktor im Tourismus darstellt.

Um die Anwesenheit von Bären und Wölfen damit in Einklang zu bringen, kommt man um einen höheren Arbeits-, Zeit- und Kostenaufwand nicht herum. Denn frisst ein wildes Tier ein hoch subventioniertes anderes Tier, wird es teuer – für den/die Bäuer*in und den Staat. Intensive Beratungen von Almbetrieben und die Förderung von Schutzmaßnahmen in Form von Elektrozäunen oder den Einsatz von Herdenschutzhunden und Hirt*innen haben sich indes inzwischen auch im Trentino bewährt. Leider wurde erst 2014 damit begonnen staatlich geförderte Herdenschutzhunde zum Einsatz zu bringen, inzwischen sind es 95 Hunde[9]. Der bürokratische Aufwand bei Ersatzzahlungen für getötete Nutztiere scheint in Italien ein ähnliches Hemmnis zu sein, wie wir es in Deutschland im Zusammenhang mit Wolfsrissen kennen.

„Bear-Watching“ als Chance?

In Italien wurden in den Wandergebieten im Trentino - wenn auch mit Verzögerung – Informationstafeln zum Hinweis auf Bären und wie man sich richtig verhält aufgestellt. Prompt kam seitens der Hoteliers die Kritik, dass die Urlauber*innen sich davon abgeschreckt fühlen könnten. Dabei könnte auch der Tourismus von der Anwesenheit der Bären profitieren, wie beispielsweise in Kanada. Mit einem nachhaltigen und schlüssigen Konzept, das Besucher*innen an allen Schnittstellen ihrer Reise über richtige Verhaltensweise im Bärengebiet aufklärt und Hilfsmittel (z.B. Bärenglöckchen, Bärenabwehrspray) bietet, wären nicht nur Bären und Tourist*innen besser geschützt, sondern es könnten Einkünfte und Arbeitsplätze geschaffen werden.

Aber ohne Kontrollen wird es nicht gehen. In Rumänien haben sich die Bären beispielsweise entlang der Karpaten-Hochstraße trotz Fütterungsverbotsschilder auf das Betteln nach Leckerbissen bei Tourist*innen spezialisiert[10]. Die Folge: jede Menge falsch geprägte Bären, die riskieren ihr Leben zu lassen, weil sie in Unfälle verwickelt werden oder aufgrund der verlorenen Scheu den Menschen zu nahe kommen und getötet werden. Nach eigenen Aussagen wollen rumänische Anbieter*innen von Bear-Watching-Trips durch gezielte Fütterungen im Wald bewirken, dass Bären von Siedlungen weggelockt werden[11]. Ob dieses Geschäftsmodell für die Bärenpopulationen in Rumänien tatsächlich nachhaltig ist, ist fraglich, denn die gute Nase eines Bären lässt sich nicht so leicht täuschen. Das Anfüttern konditioniert die Bären auf menschliche Gerüche und beeinflusst ihre natürliche Habitatnutzung. Die Gefahr, auf diese Weise quasi gezielt „Problembären“ heranzuziehen, bleibt, weshalb wir diese kontrollierte Form des Foto-Shootings kritisch sehen.

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Und ewig lockt der Müll

In regelmäßigen, und wie es scheint, immer kürzeren Abständen wird in den Medien von Bären berichtet, die im Trentino in die Ortschaften wandern und für Angst und Schrecken sorgen. Der Grund: Bären fühlen sich vom Geruch von Abfällen angezogen. Solange sie diese als leicht zugängliche Futterquelle erleben, wird sich das Problem fortsetzen und Bären verlieren ihre Scheu vor den Menschen. Bislang wurden die Sammelstellen für organische Abfälle nur teilweise durch bärensichere Behältnisse ausgetauscht[12]. Ein Nebeneinander von Braunbären und Menschen kann jedoch nur funktionieren, wenn flächendeckende Abfallkonzepte verhindern, dass Bären sich von Siedlungsabfällen ernähren können. Dazu zählen auch Komposthaufen, Rast-, Picknick- und Campingplätze. Gesammelte Müllsäcke oder bei uns die gelben Säcke für Verpackungsmüll am Straßenrand, sind geruchsintensive Lockmittel denen Bären nicht widerstehen können.

Es ist äußerst schwierig und personell aufwendig, bereits futterkonditionierte Bären umzugewöhnen. Dazu müssen Wildhüter*innen die Bären beobachten und ihre Verhaltensmuster erkennen, um sie dann gezielt beim Plündern zu erwischen und mit Gummigeschossen und Lärm zu vergrämen. Im schweizerischen Val Müstair wurde ein bärensicheres Abfallkonzept[13] als Gemeinschaftsprojekt von Wissenschaft und Behörden entworfen, das Beispielcharakter hat. In Rumänien experimentiert man derzeit mit Künstlicher Intelligenz[14]. Die Erkennung eines Bären über Kameras löst automatische laute Geräusche aus, die die Bären vergraulen soll.

Von Jägern und Gejagten - Wenn Tierschutz zum Tierschutzproblem wird

Die Fronten zwischen Tierschützer*innen, Behörden und Einwohner*innen in den Bärengebieten sind nicht erst seit JJ4 verhärtet. Tierschützer*innen vereitelten die Abschussfreigaben des Landeshauptmanns per Klage vor Gericht, während die lokale Bevölkerung seit dem Tod von Andrea Papi mehrheitlich schnelle Lösungen fordert und damit droht, selbst Maßnahmen zu ergreifen oder dies auch tut.

Tierschützer kämpfen für JJ4 auf Demo© A Beetz Brothers film production in co-production with Miramonte Film, BR, SWR and Sky

Den Forstbehörden, die es keinem recht machen können, wird gefühlt die ganze Verantwortung für ein friedliches Zusammenleben von Mensch und Bär übertragen. Dabei sind seit Ende des Life Ursus Projektes gerade einmal vier Beamt*innen im Trentino im Einsatz. Diese staatliche Mammutsaufgabe ist ohne externe Unterstützung z.B. durch die Jägerschaft beim Monitoring der über 100 Bären gar nicht zu bewältigen. Daher wurde in den betroffenen Siedlungsgebieten leider erst spät in den Dialog und die Aufklärung intensiviert. Ohne Rückenwind aus der Politik, die vor allem ihre Wiederwahl zum Ziel hat, ist es für die Forstbeamt*innen nahezu unmöglich, den sprichwörtlichen Karren allein aus dem Dreck zu ziehen.

Italienische Förster im Bären-Einsatz© A Beetz Brothers film production in co-production with Miramonte Film, BR, SWR and Sky

Der Ärger seitens der italienischen Tierschützer*innen über ungenügende und zu späte Aufklärungs- und Präventionsmaßnahmen ist nachvollziehbar, da Konflikte u.a. erst dadurch entstanden sind. Trotzdem: Wildbären, die sich gefährlich verhalten, einzufangen und ein Leben lang in Gefangenschaft zu halten, statt sie zu töten, verursacht auch Tierleid. Natürlich sollte ein Abschuss immer das letzte Mittel der Wahl sein, wenn sämtliche Präventions- und Vergrämungsmaßnahmen scheitern.

 

Abstimmung: Was glauben Sie?


Sind wir in Deutschland auf die Rückkehr des Bären ausreichend vorbereitet?

gar nicht (links)
optimal (rechts)

 

Die Position der STIFTUNG für BÄREN – Wildtier- und Artenschutz:

Am Beispiel der Lage im Trentino sieht man, wie schwierig es ist, im Nachhinein unterschiedliche Interessen und Meinungen unter einen Hut zu bekommen, wenn die Situation schon so verfahren ist. Die Leidtragenden sind nicht nur die Bären. Wir glauben, dass viele Schwierigkeiten durch frühzeitige und kontinuierliche Einbindung aller Beteiligten schnell identifiziert und durch gemeinsam erarbeitete Lösungen hätten behoben werden können. Die Fronten sind sehr verhärtet, aber wir versuchen im Konflikt zu vermitteln. Ohne Kompromisse, zusätzlichen Aufwand und vielleicht auch ein Stück weit freiwilligen Verzichts kann es jedoch nicht gehen. Es hängt von der Bereitschaft der Menschen ab, Bären in unserer Kulturlandschaft ein Stück weit Platz einzuräumen. Für Deutschland als Bärenerwartungsland ist es umso wichtiger aus dem Beispiel Italiens zu lernen und im Sinne von Mensch und Bär jetzt schon in gezielte Aufklärungskampagnen, Beratungen aller Stakeholder*innen und die übergreifende Zusammenarbeit zwischen Behörden und Tierschutz zu investieren. Nur so ist eine konfliktarme Koexistenz mit Bären bei uns möglich. Die öffentlichen und sozialen Medien spielen eine bedeutsame Rolle als „Meinungsmacher“ in dem Prozess. All diese Bemühungen müssen über die Ländergrenzen hinaus wirken, denn nur wenn die Menschen geschlossen Bären im alpinen Lebensraum als Mitbewohner akzeptieren, haben sie dort eine Zukunft.

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Teil 3: Bärenschutz – Wie hängen Regelung und Praxis zusammen?

Faktencheck:

Provinzpräsident Fugatti ordnete nach tödlichem Zwischenfall mit Jogger Andrea Papi den Abschuss der Wildbärin JJ4 und auch des Bären MJ5, der zuvor Wanderer angegriffen hatte, an. Das Provinzgesetz[15] Nr. 9 von 2018 unter Einbeziehung des Höheren Instituts für Umweltschutz und Forschung (ISPRA) ermächtigt ihn dazu. Es sei eine Entnahme auf Basis einer Dringlichkeitsmaßnahme zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit gewesen, hieß es. Diese sogenannte „abweichende Kontrolltätigkeit“ ist konform mit den Regelungen der EU-Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie[16], die den Braunbären zwar unter Anhang II und IV als geschützte Art führt, aber auch Ausnahmen „die im Interesse der Volksgesundheit und der öffentlichen Sicherheit oder aus anderen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art“ erlaubt, solange die Population dadurch „in einem günstigen Erhaltungszustand verweilt“ so wörtlich.

Tierschutzorganisationen legten beim Obersten Verwaltungsgericht in Rom Einspruch gegen die Abschussanordnung ein und bekamen recht. Diese sei unverhältnismäßig und unvereinbar mit nationalen Vorschriften, da die Tötung einer geschützten Art nur das letzte Mittel sein dürfe, so die Begründung. JJ4 musste daraufhin eingefangen werden und wird dauerhaft ein Leben in Gefangenschaft führen.

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Die Bären sind los! Was tun? Tierschutz und Politik spielen Katz und Maus

Anfang März 2024 hat Landeshauptmann Fugatti eine Änderung des Provinzgesetzes Nr. 9/18 erwirkt, womit die Tötung von bis zu acht Bären pro Jahr möglich ist[17]. Damit wolle er den Anstieg der Bärenpopulation und die Sicherheit der Menschen gewährleisten. Da die ISPRA den Bestand der Bärenpopulationen durch diese Abschussquote nicht gefährdet sieht, hat auch sie grünes Licht gegeben[18].

Prompt legten die Tierschutzorganisationen eine Beschwerde gegen das Gesetz beim Europäischen Gerichtshof ein[19]. Ein Rechtsentscheid steht noch aus.

Um einer erneuten Anfechtung des Abschusserlasses zu entgehen, wurde Ende Juli in einer Nacht-und-Nebel-Aktion die Bärin KJ1 per Peilsenderortung in Windeseile kurz nach Erlass des Abschussdekrets erlegt. Sie hatte einen Urlauber nördlich des Gardasees verletzt und auch sie führte drei Jungtiere. Die Klage gegen das Vorgehen bei Gericht der Tierschutzvereinigung LAV folgte auf dem Fuße.

Sind alle Mittel ausgeschöpft oder geht doch nichts über „Bärenmarke“?

Im Nationalpark Abruzzen-Latium-Molise ist es bereits gängige Praxis, problematische Bären mittels Peilsender zu orten und Wanderwege in den Streifgebieten zeitweise zu sperren, um Zwischenfällen vorzubeugen. „Geht nicht!“ sagt Fugatti, das Streifgebiet der Tiere sei zu groß[20].

Im Kanton Graubünden in der Schweiz werden Sichtungsmeldungen über öffentlich zugängliche Online-Karten veröffentlicht und Nutztierhalterinnen auf Wunsch sogar per SMS über Bären in der Nachbarschaft benachrichtigt[21]. Auch für Italien raten Tierschützerinnen dringend die Entwicklung einer Warn-App an, die Sichtungsmeldungen in Echtzeit überträgt[22].

Bild 5: Peilsender-Halsband, Bärenabwehrspray und Knallpatronen © SfB© STIFTUNG für BÄREN

In den USA oder Kanada klären Webseiten und Besucherzentren der Nationalparks direkt und auf Hinweistafeln an Wanderwegen gezielt über richtiges Verhalten im Bärengebiet auf. Das Mitführen von Anti-Bärenspray zum Einsatz in Notfällen ist legal und wird empfohlen. In Italien sind Anti-Bärensprays Waffen gleichgesetzt. Ihr Besitz steht unter Strafe. Bald soll das Gesetz zwar geändert werden, aber lediglich Försterinnen im Trentino und Südtirol sollen es einsetzen dürfen[23].

Bärenbabyboom durch Sterilisation stoppen?

Nachdem Angriffe vor allem auf Bärinnen, die ihre Jungen schützen wollen, zurückzuführen seien[24], hat die ISPRA schon bei JJ4 über die Sterilisation[25] auffällig gewordener Weibchen als mögliche Lösung nachgedacht und will diese Idee nun genauer untersuchen. Selbst als Lai*in kann man sich über diese Idee nur wundern. Mal ganz abgesehen vom Stress für die Tiere, ist allein der immense Aufwand einer Sterilisations-OP, Genesungszeit und einhergehende Gefahr, dass die Bärinnen sich dadurch erst recht an Menschen gewöhnen riesig. Ganz zu schweigen von den Kosten und unabsehbaren Folgen für die gesamte Bärenpopulation und das Habitat als Ganzes.

Gefahr gebannt durch Vergrämen oder Erschießen?

Der italienische Bären-Managementplan PACOBACE legt zwar fest, wie mit auffällig geworden Bären stufenweise vorzugehen ist, aber die Entscheidung hängt natürlich vom individuellen Fall ab. Die Bandbreite reicht von intensivem Beobachten auch mittels Peilsender über Vergrämen mit Gummigeschossen, Lärm oder Hunden bis zu Einfangen und Einsperren und ultimativ der Tötung eines Bären, der von der ISPRA genehmigt werden muss[26]. Versuche Fugattis „überschüssige“ Bären in osteuropäische Länder umzusiedeln sind gescheitert[27].

Bild 6: Gummigeschosse zur Vergrämung© STIFTUNG für BÄREN

 Alberto Stoffella, pensionierter Mitbegründer des Life-Ursus-Projektes glaubt, dass Vergrämung erst recht aggressives Verhalten bei Bärinnen mit Nachwuchs auslösen kann[28]. Also doch lieber erschießen? Eine äußerst schwierige Frage gerade für Tierschützerinnen, die man nicht pauschal mit „nein“ beantworten kann oder sollte. Wenn ein Leben in Gefangenschaft die einzige Alternative ist, kann der Tod für einen Wildbären durchaus die tiergerechtere Lösung sein. Dies setzt jedoch voraus, dass alle anderen Mittel, ausgeschöpft sind. Aktuell wurden aber weder in Italien noch in den meisten anderen europäischen Alpenländern bei weitem nicht alle Register gezogen, was Präventivmaßnahmen betrifft.

Wildhüterinnen im Trentino tappen allein auf weiter Flur im Dunkeln

Mehr Geld in Präventivmaßnahmen zur Überwachung und Forschung der Tiere zu stecken fordert auch Bärenexperte Alessandro De Guelmi[29]. Das Sammeln genetischer Proben ist wichtig, um belastbare Daten zu Größe und Verbreitung der Population zu erhalten und bei Schadensfällen den „Problembären“ ausmachen zu können. Bei über 100 Bären und einer jährlichen Wachstumsrate[30] von durchschnittlich 10,3% sieht der Direktor des Wildtierdienstes der Provinz Trient, Alessandro Brugnoli, zunehmende Schwierigkeiten[31], diese Proben zu bekommen. Es mangelt an Personal. Die Behörde ist auf die Zuarbeit der Jägerschaft angewiesen. Aktuell basieren Populationsschätzungen mehr auf statistischen Werten.

Bild 7: Genetische Probennahme mittels Bärenkot© STIFTUNG für BÄREN

Zum Einsatz im Notfall steht seitens der Forstbehörde zwischen März und November ein dreiköpfiges Sonderkommando[32] rund um die Uhr bereit. Angesichts der sich häufenden Bärensichtungen in oder in der Nähe von Ortschaften wirkt die Personaldecke dünn. Luft nach oben ist auch bei der Abfallwirtschaft. Zwar begann man 2009 schrittweise die Abfallsammlungssysteme anzupassen, aber erst 2023 hat die Landesregierung das Thema Biomüll und Wechselwirkung mit Wildtieren in den Abfallwirtschaftsplan aufgenommen. Flächendeckende bärensichere Abfallsammelstellen? Fehlanzeige. Begründung? Weil diese in Europa noch nicht produziert werden[33].

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Das rechtliche Regelwerk – nur trockene Theorie?

Abb. 1: Rechtsrahmen zum Schutz des Braunbären mit Bezug zu Italien und Deutschland© STIFTUNG für BÄREN

Im LIFE DINALP BEAR Projekt der EU (2014-2019) wurden u.a. Richtlinien für das Bärenmanagement[34] erarbeitet und jeweils unterschiedliche Aktionsziele für den Alpenraum und das nördliche dinarische Gebirge definiert. Die Arbeitsgruppe Große Beutegreifer, wildlebende Huftiere und Gesellschaft (WISO) der Unterzeichnerländer der Alpenkonvention (Österreich, Schweiz, Deutschland, Frankreich, Italien, Liechtenstein, Monaco, Slowenien, Europäische Union) wurde 2009 ins Leben gerufen. Sie steuert die praktische Umsetzung der zehn Aktionsziele in der Alpenregion über jährliche Mandate als Teil eines mehrjährigen Arbeitsprogramms 2023-2030 zum Erhalt der Biodiversität. Die regionalen Bären-Managementpläne, die den zuständigen Ämtern als Praxis-Leitfäden dienen, orientieren sich an den erarbeiteten Vorgehensweisen im Bären-Management von LIFE DINALP, um eine Koexistenz von Bären und Menschen zu ermöglichen. Diese sind:

  • Umsetzung internationaler Rechtsgrundlagen in nationales Recht bezüglich Präventions- und Interventionsmaßnahmen und Schadensregelungen in Abstimmung mit allen Betroffenen
  • Beobachtungen (Monitoring), wissenschaftliche Datenauswertung und Dokumentation zur Bärenpopulationsdynamik und einzelner Individuen (Gesundheit, Verbreitung, Genetik), Interaktionen (Schadensfälle, Übergriffe, Wilderei), Interventionen (legale Tötungen) und Meinungsumfragen
  • Identifizierung notwendiger Themen für Forschungsprojekte für das Bären-Management und Artenschutz
  • Kommunikation und Einbindung aller relevanten Interessengruppen in die Entscheidungsprozesse des Bären-Managements und Evaluierung des Erfolgs solcher Maßnahmen
  • Konfliktmanagement durch Schadenspräventionsmaßnahmen wie angepasste Abfallmanagementsysteme; Schutzmaßnahmen (z.B. Elektrozäune, Schäferinnen, Herdenschutzhunde) und deren korrekter Einsatz; Aufklärungskampagnen über richtiges Verhalten in Bärengebieten
  • Kriterien für die Entnahme problematischer Bären durch Tötung oder Einfangen orientieren sich an den Leitlinien für Bäreninterventionsgruppen[35] des LIFE DINALP BEAR Projektes. Diese wägen die Entscheidung länderspezifisch im Einzelfall nach Größe der Bärenpopulation und der öffentlichen Akzeptanz ab.
  • Sicherung der Qualität von Bärenhabitaten und Vermeidung weiterer Zerstückelung durch den Schutz bestehender Wanderkorridore zwischen Habitaten, neuer Vernetzungen (z.B. Grünbrücken) und Berücksichtigung in Landschaftsplanungsprozessen
  • Regionale und länderübergreifende internationale Zusammenarbeit im Bären-Management und Informationsaustausch auch mit Nicht-EU Staaten
  • Einsatz künstlicher Futterstellen, um positive Effekte (Konfliktvermeidung, Monitoring, Management) zu verstärken und negative (Konditionierung auch anderer Wildtierarten und nachteilige Auswirkungen) zu vermeiden
  • Rechtsvollstrecker*innen zu Wilderei als schwerwiegendes Kriminaldelikt besser schulen, um durch mehr Verständnis der Motive und Austausch der besten Investigationstechniken die Nachverfolgung zu intensivieren

Der Weg ist noch weit – Theorie und Praxis im Vergleich

Die WISO-Arbeitsgruppe hat 2022 einen Fragebogen an Repräsentanten aus Österreich, Frankreich, Deutschland, Italien, Schweiz, Liechtenstein und Slowenien versandt, um zu überprüfen, in welchem Maß die Aktionsziele von den Unterzeichnerstaaten umgesetzt wurden.

Der Ergebnisbericht lässt erkennen, dass die Intensität, mit der die jeweiligen Ziele in den einzelnen Ländern vorangetrieben werden und in welcher Form sehr unterschiedlich ausfallen und im Wesentlichen davon abhängen,

  • ob, wie viele und wie lange Bären als Population bereits etabliert oder auch nur als einzelne Streifgänger in einem Land anwesend sind oder eben nicht
  • welchen politischen, aber vor allem auch gesellschaftlichen Stellenwert das Thema Wildbären und Bärenschutz hat, besonders bei der lokalen Bevölkerung in Gebieten mit Bärenvorkommen
  • ob Managementmaßnahmen für andere große Beutegreifer eine vordergründige Rolle im nationalen Wildtiermanagement spielen.

Der Bericht erschien vor dem tödlichen Vorfall in Italien. Bereits zu diesem Zeitpunkt ging daraus hervor, dass die öffentliche Meinung ausschlaggebend für den Erfolg von Schutzmaßnahmen und den Ansiedlungs- und Ausweitungsprozess von Bärenpopulationen sind, und dass negative Haltungen das größte Hindernis darstellen.

Zwischen den Ländern mit etablierten Braunbärenpopulationen wird die Zusammenarbeit intensiver betrieben als in den restlichen Ländern mit wenig oder keinem Bärenvorkommen. Von einem einheitlichen, länderübergreifend koordiniertem Bären-Management scheint man also noch weit entfernt zu sein.

Fazit: Die Ausgangslage in den Ländern ist sehr unterschiedlich. Es ist vielmehr die Politik der kleinen, individuellen und langsamen Schritte, die noch viel Austausch- und Entwicklungsbedarf hat.

Andere Länder, andere Sitten

Slowakei:
Dort wächst die Bärenpopulation und es wurden 2023 zwölf Menschen durch Bären verletzt. Der Unmut in der ländlichen Bevölkerung wächst und der Druck auf die Politik steigt. Umweltminister Taraba hat bei der EU die Genehmigung erwirkt, den Abschuss auffälliger Bären in der Slowakei deutlich zu erleichtern. Es bleibt zu befürchten, dass dadurch in anderen Ländern Europas ähnliche Gesetze ins Rollen kommen könnten[37].

Kroatien:
Kroatien hingegen scheint das Bären-Management gut im Griff und eine auf alle Belange des Naturschutzes, der Landwirtschaft, der Jagd und der Bevölkerung abgestimmte Kompromisslösung gefunden zu haben. Dank intensiven Monitorings und Forschung, wirksamen Präventiv- und Schutzmaßnahmen von Menschen und Bären (u.a. durch ausreichendes Nahrungsangebot in den natürlichen Lebensräumen, Grünbrücken und Bezuschussung von Maßnahmen und Schadenskompensation), gibt es wenige Konflikte und die Akzeptanz bei den Menschen ist hoch[38].

Rumänien:
Rumänien ist das Land mit der höchsten Bärenpopulation in der EU. Doch verlässliche Zahlen gibt es nicht[39], da diese auf Schätzungen basieren. Man vermutet 6000 bis 8000 Tiere, je nachdem, wen man frägt, Regierung oder Naturschützer. Infolge der tödlichen Zwischenfälle (14 zwischen 2016 und 2021) [40] wurde im Juli 2024 eine Gesetzesnovelle des Jagdrechts vom Parlament verabschiedet[41]. Diese ermöglicht sogenannte „präventive und interventionelle“ Abschüsse von bis zu 500 Bären für 2024 und 2025, die auch von zahlenden Jagdtouristinnen durchgeführt werden dürfen. Zuvor lag die Quote bei 220. Das 2016 eingeführte Verbot der Trophäenjagd ist somit de facto ausgehebelt.

Schweiz:
Die friedliebende Schweiz hat viel Mühe in Präventivmaßnahmen gesteckt. Sie ist nahezu mustergültig für ein Land, in dem es bisher nur ein paar männliche Streifgänger aus dem Trentino gibt, die vorübergehend auf der Suche nach Weibchen im Kanton Graubünden über die Grenze kommen. Der Schweizer Bären-Managementplan beinhaltet explizit die „Vermeidung einer Gewöhnung an Nahrungsquellen in Siedlungen“. Weitere Nachbesserungen sollen insbesondere in diesem Bereich erfolgen. Die Schäden haben im Verlauf der Jahre tendenziell abgenommen[42]. Seit 2005 wurden zwei Bären erlegt, nachdem Vergrämungsversuche wirkungslos blieben.

Österreich:
1989-93 wurde ein Wiederansiedelungsversuch von Bären in Niederösterreich gestartet. Die kleine Population, die daraus hervorging, ist aber bis 2011 wieder erloschen. Ähnlich wie in Deutschland oder der Schweiz kommen Streifgänger aus Slowenien oder Italien zeitweise über die Grenze. Seit 2019 koordiniert Österreich das Management der Großen Beutegreifer in Form des Vereins „Österreichzentrum Bär Wolf Luchs“[43]. Mitglieder umfassen sowohl Ressortvertreterinnen des Bundes, wie auch sämtlicher Bundesländer als auch Expert*innen von Nichtregierungsorganisationen

 

Abstimmung: Was denken Sie?


Sollte in Europa der Schutzstatus von Bären gelockert und damit Abschüsse für das Bären-Management erleichtert werden?

Stimme gar nicht zu (links)
Stimme voll und ganz zu (rechts)

 

Und wie läuft das bei uns?

Als Einwanderungsgebiet ist Bayern das einzige Bundesland, in dem seit Bruno 2006 erstmals wieder ab 2019 vereinzelt Bären auf deutschem Boden nachgewiesen wurden. Für das Bären-Management sind in Deutschland die Bundesländer verantwortlich. Der Bayerische Bärenmanagementplan ist dreistufig aufgebaut nach einzelnen, durchziehenden Tieren (Stufe 1, aktuell gültig), einzelnen standorttreuen (Stufe 2) und etablierte Populationen in einem Raum (Stufe 3). Ausnahmen für Abschüsse regelt das Bundesnaturschutzgesetz. In Bayern entscheidet darüber einzig das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz. Taucht ein Bär in Bayern auf, übernimmt die „Bärenbereitschaft Bayern“ bestehend aus fachlich geschulten Personen verschiedene Managementaufgaben (z.B. intensives Monitoring, Fang und Vergrämung, Entnahme).

Seit 2006 gibt es im Bayerischen Umweltministerium zum einen die Steuerungsgruppe „Große Beutegreifer“, die grundsätzlichen Entscheidungen unter Mitwirkung der Spitzenverbände im Naturschutz trifft, und zum anderen die Arbeitsgruppe „Große Beutegreifer“, die Managementpläne für Bär, Wolf und Luchs entwickelt und deren Umsetzung begleitet[44].

Die Position der STIFTUNG für BÄREN – Wildtier- und Artenschutz

Wenn die FFH-Richtlinie auf der Basis des öffentlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Interesses den EU-Ländern eine so argumentationsoffene Hintertür bietet, den Schutzstatus von Bären herabzusetzen, ist es um ihre Zukunft in Europa nicht gut bestellt. Diese gesetzlichen Schlupflöcher eröffnen Regierungen die Möglichkeit mit einfachen, drastischen Mitteln in Form von erleichterten Abschüssen, die Symptome zu behandeln, statt systematisch die Ursache des Problems zu bekämpfen – sprich die fehlende Akzeptanz der Bevölkerung. Mit mehr intensiver Aufklärung und pragmatischer Präventiv- und Schadenshilfen für individuelle Interessengruppen könnte dies gelingen. Unsere Tierschutzarbeit ähnelt dabei einem Kampf gegen Windmühlen. Ohne politischen und gesellschaftlichen Willen, bleibt zu befürchten, dass auch in unserem Land diese schnellen Lösungen zum Nachteil des Bärenschutzes voll ausgeschöpft werden. Unser eindringlicher Appell an die Landesregierungen: Mehr Zeit und Geld in den fachlichen Austausch und die Basisarbeit für Präventivmaßnahmen stecken!

Wir freuen uns über jede Spende, die uns beim Bau der Hochsicherheitsanlage zur Aufnahme von JJ4 unterstützt.

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Teil 4: Bären im politischen Kreuzfeuer – Schützen oder schießen?

Faktencheck:

Die Bär-Mensch-Begegnungen im Trentino häufen sich und der Druck auf die Politik wächst. Auf Initiative des Komitees „Insieme per Andrea Papi“ (Gemeinsam für Andrea Papi) fand am 27.10.24 eine unverbindliche Volksabstimmung in 13 Gemeinden des Val die Sole Tals statt. Danach befanden 98% der Wähler*innen, dass die Anwesenheit von Großraubtieren in dicht besiedelten Gebieten wie dem Sole-, Peio- und Rabbital eine ernsthafte Gefahr für die öffentliche Sicherheit und einen Schaden für die Wirtschaft und die Erhaltung der lokalen Bräuche und Traditionen darstelle[45].

Manche Bärengegner*innen haben ihre Drohungen, Selbstjustiz zu üben, bereits in die Tat umgesetzt. Zwei der acht tot aufgefundenen Bären im vergangenen Jahr wurden nachweislich erschossen bzw. mutmaßlich vergiftet [46], bei vieren war die Todesursache unbekannt. So auch im neuesten Fall. Am 30.09.24 wurde in der Gemeinde Cis in einer Obstplantage erneut ein Bärenkadaver entdeckt[47]. Die italienische Tierschutzorganisation ENPA erstattete Anzeige gegen Unbekannt.

Forstbeamter Italiens hält Ausschau nach BärenFoto © A Beetz Brothers film production in co-production with Miramonte Film, BR, SWR and Sky

Regierungsvertreter ringen um „richtige“ Lösungen

Bei den Wahlen im Oktober 2023 wurde Maurizio Fugatti erneut als Präsident der Provinzregierung Trentino bestätigt. Auf öffentlichen Kundgebungen von Bärengegnern und bei vielen Interviews bezieht er immer wieder klar die Position der Bärengegner und will die Bärenpopulation dezimieren[48].

Die Höhere Anstalt für Umweltschutz (ISPRA), deren Aufgabe es ist, Bären zu schützen, erstellte ein Gutachten, um zu klären, wie viele Bären im Trentino entnommen werden können, ohne die Population zu gefährden[49]. Damit lieferte sie Fugatti die Vorlage, zur Änderung des Provinzgesetzes[50], wonach in den Jahren 2024 und 2025 jährlich bis zu acht Bären abgeschossen werden dürfen[51]. Und die neue Regelung kommt auch prompt zum Einsatz. So auch im Fall des Pilzsammlers, der am 20.10.24 von einem Bären angegriffen wurde. Sobald das Tier identifiziert werden kann, soll es entnommen werden[52]. Ob auch unachtsames Verhalten dem Übergriff des Bären vorausging, ist nicht bekannt. Erst kürzlich äußerte sich Italiens Umweltminister Pichetto in einer Fragestunde im Senat und räumte ein, dass etwaig gefährliche Verhaltensweisen von Bären oft Folge menschlichen Verhaltens sind, das in dem Gebiet nicht an die Anwesenheit der Tierart angepasst sei.

Warnschild "Achtung! Bären!"© Wirestock

Die ISPRA prüft derzeit, ob alternativ zur Tötung die Sterilisation von Bärinnen technisch durchführbar ist[53]. Während Pichetto die Tötung einzelner Bären als Problemlösung anzweifelt, bekommt der Provinzpräsident Trentinos Rückendeckung vom Südtiroler Europaparlamentarier Herbert Dorfmann. In einem offenen Brief[54] an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen spricht Dorfmann von einer vollkommen verkehrten Schutzpolitik. Wölfe und Bären würden das Gleichgewicht im Alpenraum gefährden. Das grundlegende Recht auf ein Leben in Sicherheit für die Bewohner*innen und das traditionelle Recht von Landwirt*innen, ihre Tiere auf Almen weiden zu lassen, müsse man schützen. Diese Meinung findet auch in Bayern eine breite Anhängerschaft.

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Déjà-vu im Umgang mit „Problembären“ in Bayern

Der Ausdruck „Problembär“ ist inzwischen zum geflügelten Begriff geworden. Edmund Stoiber, Bayerische Ministerpräsident (a.D.), hatte einst diesen Ausdruck im Zusammenhang mit dem Bären Bruno geprägt. Nach 171 Jahren war er 2006 der erste Bär, der von Italien über die Grenze nach Deutschland kam. Statt ihn als „Problembären“ zu bezeichnen, hätte man besser nach den „Problemmenschen“ fragen sollen. Unverantwortliche Menschen fütterten Brunos Mutter JURKA an, die so ihre Scheu vor Menschen verlor und ihren Nachwuchs fehlprägte. Die Politik sah damals den einzigen Ausweg darin, sich des Bärenproblems durch Abschuss zu entledigen, wie einst 1835 in Ruhpolding. Bären-Managementpläne gab es 2006 noch nicht, die wurden erst nach dem Vorfall ausgearbeitet.

Trotz stetig wachsender Bärenpopulationen im Nachbarland Italien und zunehmender Wahrscheinlichkeit, dass wieder einmal ein Bär über die Grenze zu uns wandern könnte, wurde seither wenig unternommen, um sich darauf vorzubereiten. Bis zum Tod des Joggers Andrea Papi schienen die Politiker*innen hierzulande im Dornröschenschlaf zu liegen. Erst die mediengeputschte Meldung des Vorfalls in Italien schreckt sie auf.

Als 2023 einzelne Bären zeitweise auch im bayerischen Alpenraum umherstreiften, wurde in den betroffenen Landkreisen mobil gemacht und der Ruf nach scharfen Geschützen laut. Die Oberallgäuer Landrätin Indra Baier-Müller gründete die „Initiative Braunbär“ und fordert die Einrichtung einer bewaffneten bayerischen Braunbärenbereitschaft, um unerwünschte Bären zu vergrämen und notfalls abzuschießen. Schützenhilfe bekommt sie nicht nur vom Traunsteiner Landratskollegen, der deutlich macht, dass er Braunbären im Hinblick auf mögliche Risiken für die Weidehaltung nicht dauerhaft dulden wolle[55], sondern auch vom Südtiroler Landtagspräsidenten Arnold Schuler[56], der der Initiative beratend zur Seite stand.

Fahnen vor dem Bayerischen Landtag© canva

Ein Weckruf für die bayrische Landespolitik?

Neben der Forderung, den Bären-Managementplan zu überarbeiten und den Schutzstatus von Braunbären gesetzlich zu lockern, will Baier-Müller vor allem, dass ihre Sorgen vom bayerischen Umweltministerium endlich ernst genommen werden. Das bestehende Meldesystem zur Sichtung von Bären allein reicht nicht mehr aus. Sie will mehr Personal und Klarheit im Umgang mit problematischen Bären, um vorbereitet zu sein. Ein berechtigter Wunsch. Der bayerische Alpenraum ist schließlich eine touristische Region. Deshalb erwartet sich die Politikerin von der Landesregierung mehr Unterstützung bei Präventivmaßnahmen, wie Broschüren und Lehrfilmen zur Aufklärung der Bevölkerung und Urlauber*innen über richtiges Verhalten im Umgang mit Bären und bei der Finanzierung bärensicherer Abfallsysteme. Bislang erhielt sie jedoch nur beschwichtigende Worte[57]. Im Ernstfall kämen alle Maßnahmen in Betracht. Das schließe auch den Abschuss ein, meinte ein Sprecher des Ministeriums[58]. Eine Frage der Perspektive?

 

Abstimmung: Wie stehen sie dazu?


Muss Bayerns Landesregierung mehr für den präventiven Schutz vor und von Bären tun?

Nein, die Maßnahmen reichen aus. (links)
Ja, es muss viel mehr getan werden. (rechts)

  

Mit Bären und Wölfen Wahlen gewinnen

Betrachtet man die politische Debatte um die Lockerung des Schutzstatus des Wolfs hierzulande, lassen sich seit dem Tod Papis in der neu entfachten Diskussion um den Bärenschutz durchaus Parallelen erkennen, auch wenn es in Deutschland noch keine heimische Bärenpopulation gibt.

Im bayerischen Wahlkampf 2023 hatte sich Ministerpräsident Markus Söder in den alpenländischen Wählerkreisen besonders bei den Nutztierhalter*innen beliebt gemacht, indem er ihnen die Unterstützung seiner Regierung fest zusicherte. Auf verschiedenen Wahlkampfveranstaltungen u.a. beim Besuch in Oberaudorf, wo kurz zuvor drei Schafe gerissen wurden, tönte er: „Der Schutz des Menschen vor Wölfen und Bären steht an erster Stelle“ und „Der Wolf gehört nicht hierher!“. Die neue Wolfsverordnung, die kurz darauf erlassen wurde und Abschüsse erleichtern soll, scheiterte zunächst infolge der Klage des Bund Naturschutz vor Gericht, wurde im Oktober 2024 jedoch erneut erlassen[59]. Könnte diese Vorgehensweise auch Grundlage für den Umgang mit Bären werden, nach dem Motto: Kein Bär, kein Ärger, keine Arbeit, keine Kosten?

Im Gegensatz zum Traunsteiner Landrat sieht der Salzburger Bären- und Wolfsbeauftragte Hubert Stock aus dem Nachbarland noch keine Notwendigkeit in Österreich in diese Richtung zu denken[60]. Als im Frühjahr 2023 in Schwarzach im Salzburger Land ein junger Bär tot auf den Bahngleisen gefunden wurde, reagierte der dortige Bürgermeister eher gelassen. Die Bevölkerung sei seiner Einschätzung nach nicht so sehr in Angst, wenn auch sicher etwas vorsichtiger, wenn sie in die Berge oder in den Wald gehen[61].

Slowakisches Hinweisschild zum richtigen Verhalten mit Herdenschutzhunden© STIFTUNG für BÄREN

In Europa geht es den Bären zunehmend an den Kragen

Der Regierungswechsel 2023 in der Slowakei und 2024 in Rumänien macht das politische Klima rauer und den Schutz von Bären brüchiger. Mit der Angst vor Bären lässt sich eben erfolgreich Wahlkampf betreiben, nicht nur in Italien oder in Bayern. So verlangte der ehemalige Parlamentspräsident Boris Kollar gar, Bären von der Liste der geschützten Tiere in der Slowakei zu streichen[62]. Rumänien ist noch dabei, seine Quoten für gezielte Abschüsse in sogenannten „Hochrisikozonen mit Bärenansammlung“ zu definieren[64].

Zur jährlichen Bärenjagd in Schweden wurden in diesem Jahr 486 Bären - also ganze 20% der geschätzten 2450 Bären – zur Regulierung der Bärenpopulation erlegt. Seit 2008 sank damit die Population von 3000 auf 2000 Bären. Die schwedische Richtlinie zur Wildtierpolitik macht es möglich, um Schäden an Haus- und Rentieren vorzubeugen. Sieben Verwaltungsgebiete setzen ihre Abschussquoten fest und vergeben Jagdlizenzen[65]. Seit 2022 haben lokale Jagdverbände per Gesetz mehr Befugnisse bei der Überwachung des Umgangs mit großen Raubtieren, einschließlich Bären[66], bekommen.

Die Position der STIFTUNG für BÄREN – Wildtier- und Artenschutz

Solange Regierungen nicht willens sind, mehr für Prävention und vor allem Aufklärung der Bevölkerung über ein konfliktarmes Zusammenleben mit Bären zu tun, stehen Bären in Europa wortwörtlich zunehmend unter Beschuss. Der Abschuss sollte jedoch immer das letzte Mittel sein, wenn nichts anderes wirkt. Ein Bär hat keinen Anwalt, der beweist, dass sein Verhalten ungefährlich oder verhältnismäßig war. Auch weist niemand nach, wenn Menschen fahrlässig handeln und sich mitschuldig machen. Bei aggressivem Verhalten wird nur der Bär zum „Täter“ deklariert und meist getötet. Menschen, die aus Unvernunft, Ignoranz oder sogar bewusst einen Übergriff provozieren, kommen im besten Fall unversehrt, aber in der Regel auch straffrei davon. 

Wir Menschen haben mit der Berner Konvention und der EU-FFH-Richtlinie entschieden, der Wildnis ein Stück ihres Platzes zurückzugeben. Das birgt Risiken und fordert manchmal auch Menschenleben. Beim Autofahren starben 2023 in Europa 20.000 Menschen allein durch Verkehrsunfälle[67]. Hier nehmen wir das Risiko zu sterben als Preis für schnelles Reisen billigend in Kauf. Zwischen 2016 und 2021 starben im Vergleich dazu 154 Menschen in Europa durch Bären[68]. Obwohl die vorwiegend vermeidbare Gefahr, von Bären getötet zu werden, weitaus geringer ist, scheinen Bären ihren rechtmäßigen Platz in der Natur aus Sicht der Politik verspielt zu haben.

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Neue Freianlage: Teures Heim für „Problembärin“ JJ4 allein oder visionärer Wildtierschutz?

Im letzten Teil der Newsserie beantworten die Akteur*innen der STIFTUNG für BÄREN – Wildtier- und Artenschutz interessante Fragen zur neu entstehenden Freianlage im Schwarzwald und erklären, warum Kosten und Mühen für den Bau der Anlage sich nicht nur für die Rettung von JJ4 (Gaia) lohnen.

Neue Freianlage nimmt immer mehr Form anFoto © STIFTUNG für BÄREN

Fragen an Bernd Nonnenmacher, Geschäftsleitung:

JJ4 (Gaia) ist die dritte Wildbärin, die die STIFTUNG für BÄREN aus dem Trentino aufnimmt. Wird die Stiftung weitere „Problembären“ aufnehmen?

Genauso wenig wie für sogenannte „Wegwerfbären“ aus Überschusszüchtungen in den Zoos wollen wir auch kein Auffangbecken für „Problembären" aus dem Trentino sein. Bei JJ4 sahen wir uns aus Sicht des Tierwohls im Zugzwang, ihr ein Schicksal im Zoo oder in einer überfüllten Auffangstation zu ersparen. Italienische Tierschützer*innen bewirkten, dass per Gerichtsbeschluss unumkehrbare Fakten geschaffen wurden. JJ4 hatte keine Wahl. Sie muss lernen, mit den Einschränkungen in ihrer Lebensweise zu leben. Was das für die Bärin bedeutet, war den Tierschützer*innen wohl nicht in Gänze bewusst. Deshalb haben wir die italienische Tierschutzorganisation LAV (Lega Antivivisezione) zu uns in den Schwarzwald eingeladen. Anhand unserer Erfahrungen mit JURKA und ISA wollten wir begreiflich machen, dass selbst wir als Tierschützer*innen im Abschuss manchmal die tierfreundlichere Alternative sehen. Vorausgesetzt, alle vorherigen Versuche, Konflikte abzuwenden, sind gescheitert. Wildbären in Gefangenschaft zu halten, ist selbst unter besten Bedingungen mit Leid verbunden. Wir wollen vermeiden, dass es weiteren Wildbären ähnlich ergeht.

 

Viele Menschen sehen es sehr kritisch, dass für eine Bärin so viel Geld in eine eigens dafür gebaute Freianlage investiert wird. Können Sie das nachvollziehen?

Es ist richtig, dass JJ4 den Anlass gab, diese besondere Freianlage zu bauen. Und ja, Sicherheit hat ihren Preis, um JJ4 den Einstieg in ein Leben in Gefangenschaft so bärengerecht wie möglich zu machen. Aber hinter dem Projekt steckt viel mehr. Nämlich eine zukunftsorientierte Planung. Zur Aufnahme und Wiederauswilderung großer Beutegreifer fehlen in Deutschland Rettungs- bzw. Aufnahmeeinrichtungen mit verhaltensgerechten Strukturen. Angesichts der zunehmenden Verbreitung von Wölfen, Luchsen und Goldschakalen ist das besorgniserregend. Der Bedarf an Aufnahmeplätzen für verletzte oder verwaiste Wildtiere wird steigen. Unsere Anlage ist ein Lösungsangebot für solche Fälle, sobald JJ4 in einer anderen Freianlage leben kann.

 

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Die Stimmung in Italien ist seit dem Tod des Joggers Andrea Papi aufgeheizt und hat sich wie eine Welle über die Grenzen hinaus bis zu uns ausgebreitet. Was muss jetzt geschehen, um diesen Entwicklungen gegenzusteuern?

In der verfahrenen Situation im Trentino ist es unabdingbar, alle Beteiligten an einen Tisch zu bringen, um über gemachte Fehler offen zu sprechen und gemeinsam nach besseren Lösungen zu suchen. Aufgrund unserer Beziehungen zu allen Akteur*innen versuchen wir zu vermitteln. Wildtiermanagement ist zu über 90% die Arbeit mit Menschen. Wenn wir - auch in Deutschland - nicht miteinander reden und Kompromisse finden, werden wir keinen gangbaren Weg finden. Mit unserer internationalen Forschungs-, Beratungs- und Bildungsarbeit leisten wir einen wichtigen Beitrag für mehr Verständnis von Wildbären. Mehr wissenschaftliche Forschung und Monitoring in den Bärenländern könnte noch effektivere Präventionsmaßnahmen hervorbringen, von denen auch Bärenerwartungsländer profitieren. Unsere Erfahrung zeigt, dass die zuständigen Akteur*innen meist erst bei akuten Problemen reagieren. Stattdessen würden wir uns wünschen, dass alle am Problem Beteiligten gemeinsam vorausschauende Aktionspläne entwickeln und im Schulterschluss umsetzen.

 

Unsere Meinungsumfragen aus Teil 1-4 ergaben im Durchschnitt folgendes Stimmungsbild:

86% würden die Rückkehr von Bären in den Alpenregionen der DACH-Länder begrüßen.86% würden die Rückkehr von Bären in den Alpenregionen der DACH-Länder begrüßen.
28% finden, dass wir in Deutschland ausreichend auf die Rückkehr der Bären vorbereitet sind.28% finden, dass wir in Deutschland ausreichend auf die Rückkehr der Bären vorbereitet sind.
32% meinen, der Schutzstatus von Bären sollte gelockert und damit Abschüsse für das Bären-Management erleichtert werden.32% meinen, der Schutzstatus von Bären sollte gelockert und damit Abschüsse für das Bären-Management erleichtert werden.
96% sind der Meinung, Bayerns Landesregierung müsse mehr für den präventiven Schutz vor und von Bären tun.96% sind der Meinung, Bayerns Landesregierung müsse mehr für den präventiven Schutz vor und von Bären tun.

 

Fragen an Sabrina Reimann, Projektleitung Schwarzwald:

Wann wird die neue Freianlage voraussichtlich fertiggestellt sein und wann kann JJ4 aus Italien geholt werden?

Die Erd- und Fundamentarbeiten und ein Teil der Innengestaltung sind abgeschlossen. Die Metallarbeiten sind in vollem Gange, Elektrik und Überwachungstechnik folgen. Je nach Witterungsverhältnissen wollen wir im Frühjahr fertig werden. Für den Transport muss JJ4 körperlich fit und bei Kräften sein. Während der Winterruhe und in den Wintermonaten verlangsamt sich der Stoffwechsel bei Bären. Insofern lassen sich weder für die Fertigstellung der Anlage noch für den Transport von JJ4 in den Schwarzwald konkrete Termine benennen.

 

Was sind die wesentlichen Unterschiede im Verhalten ehemaliger Wildbären in Gefangenschaft zu Bären, die immer schon in Gefangenschaft gelebt haben?

Bären haben wie wir eigene Persönlichkeiten. Es kommt darauf an, welche Erfahrungen sie in der Vergangenheit gemacht haben und was sie daraus gelernt haben. Darüber wissen wir oft wenig oder nichts und können lediglich Rückschlüsse aus ihrem Verhalten ziehen. Bei Bären aus schlechten Haltungen sehen wir, dass sich stereotypes Verhalten in unseren weitläufigen Freianlagen oft deutlich verbessert. Für die meisten geretteten Tiere ist es eine riesige Verbesserung der Lebensumstände, endlich Platz zu haben, Gras unter den Tatzen zu spüren und natürliches Verhalten ausleben zu können. Bei unseren ehemaligen Wildbären beobachten wir einen vermehrten Freiheitsdrang. Kein Wunder! Wildbären sind intelligente Tiere, die wissen, dass es ein Leben jenseits der Anlage gibt. Sie untersuchen den Zaun ganz genau nach Schwachstellen. In Gefangenschaft zu leben, ist für sie belastend, denn das Areal ist um ein Vielfaches kleiner als ihre riesigen Streifgebiete in der Natur. Darum entwickeln Wildbären in Gefangenschaft oft stereotypes Verhalten. Bei uns wird JJ4 zwar verhaltensgerechte Lebensbedingungen vorfinden, aber auch ein goldener Käfig bleibt ein Käfig. Hoffentlich werden Menschen zukünftig anders mit problematischen Wildbären umgehen, als sie einzufangen und wegzusperren.

Wildbärin Isa mit Zirkusbärin Franca© STIFTUNG für BÄREN

Für welche Tierarten eignet sich die neue Freianlage und wie viele Tiere könnten dort untergebracht werden?

Die Anlage ist so gestaltet, dass sie der Haltung von Bären, Wölfen und Luchsen ebenso gerecht wird wie der kleinerer Säugetierarten, wie beispielsweise dem Goldschakal. Es war uns wichtig, dass dort zeitweise auch Wildtiere unterkommen könnten, die in Hinblick auf eine mögliche Wiederauswilderung besonders eines brauchen: Ruhe! Welche und wie viele Tiere aufgenommen werden können, lässt sich nicht pauschal beantworten. Das hängt von der Tierart und den individuellen Umständen und Bedürfnissen ab.

 

Welchen Namen wird JJ4 erhalten? Der Name „Gaia“ ist ja bereits an einen anderen Schützling im Projekt vergeben.

Richtig, der Name wird nicht nochmals vergeben. Bis die Bärin bei uns ist, nennen wir sie weiterhin JJ4, um die Emotionalität bewusst herauszuhalten. Für uns Menschen verleiht der Name einem Tier etwas Persönliches und macht es dadurch ein Stück weit „menschlicher“. Der Bärin selbst ist das völlig egal. Welchen Namen sie von uns bekommt, wird erst entschieden, wenn sie da ist. Für uns ist nur wichtig, dass sich JJ4 gut und ruhig einleben kann.

 

Die neue Freianlage ist für Besucher nicht einsichtig. Wie gelingt es dennoch, dass Pat*innen von JJ4 auf dem Laufenden bleiben, wie es ihr geht?

Wir können den Wunsch unserer Pat*innen und Besucher*innen, neue Tiere sehen zu wollen, sehr gut verstehen, jedoch steht das Tierwohl immer im Vordergrund. Gerade in der Anfangszeit brauchen die Tiere Zeit und Ruhe, um sich einzugewöhnen, ganz besonders ein Tier, das zuvor in freier Natur lebte. Wie bei allen Schützlingen, werden wir auf unserer Homepage und unseren Social-Media-Kanälen darüber berichten, wie JJ4 sich bei uns einlebt und entwickelt. Es empfiehlt sich, unseren Newsletter zu abonnieren, in dem wir über unsere Projekte und ihre Bewohner regelmäßig berichten.

 

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Fragen an Esther Kohnke, Leitung Tierpflege:

Wird JJ4 irgendwann mit anderen Tieren vergesellschaftet werden?

Das lässt sich nicht pauschal mit ja oder nein beantworten. Dazu müssen wir erst durch Beobachtung über einen längeren Zeitraum lernen, welchen Charakter oder besondere Verhaltensweisen JJ4 hat, um dann zu überlegen, ob und wenn ja, mit welchen oder welchem unserer Tiere das funktionieren könnte. Das ist ein längerer Prozess. Wir hoffen jedoch sehr, dass es möglich sein wird.

Wildbärin JURKA in Interaktion mit GAIA© STIFTUNG für BÄREN

Wovon hängt es ab, dass JJ4 vergesellschaftet wird und mit wem?

Man tastet sich bei der Vergesellschaftung immer langsam und schrittweise heran. Es gibt günstige Phasen insbesondere während der Paarungszeit, wenn die Tiere ohnehin ein natürliches Interesse aneinander haben. Aber die „Liebe“ muss nicht von Dauer sein. Wildbärinnen sind Bärenmännern gegenüber grundsätzlich vorsichtiger, weil sie ihnen körperlich unterlegen sind. In freier Natur gehen sie nach der Paarungszeit wieder ihrer Wege. Bei uns geht das nicht. Wir müssen ständig im Auge haben, wie die Tiere miteinander agieren und wenn nötig Maßnahmen einleiten oder Umbesetzungen vornehmen. Das ist nicht immer einfach, denn Anzahl und Platz unserer Anlagen sind begrenzt. Mehr Platz begünstigt die Vergesellschaftung mit anderen Tieren. Wer mit wem wo leben kann hängt stark von den Charakteren der Tiere ab. Das müssen wir bei JJ4 erst herausfinden.

 

Die Freianlage hat das Potential, verletzte oder verwaiste Wildtiere aufzunehmen, um sie eventuell wieder auszuwildern. Welche besonderen Anforderungen stellt das an die Tierpflege?

Auch hier ist die Beobachtung das A und O. Tieren maximale Ruhe zu geben und menschliche Kontakte möglichst zu vermeiden ist immer oberstes Gebot, aber es gibt kein „Kochrezept“, nach dem man vorgehen kann. Es hängt immer vom individuellen Fall und der einzelnen Art ab, ob verletzt, krank oder verwaist. Ist menschlicher Kontakt für die medizinische Versorgung nötig? Müssen Jungtiere noch mit Milchersatz aufgezogen werden? Wenn, ja, was nehmen sie an und wie? Lauter Aspekte, die wir als Tierpfleger*innen berücksichtigen müssen neben vielen anderen. In einer Auffangstation, wie wir sie betreiben, müssen wir grundsätzlich flexibel, spontan und kreativ handeln. Auch in solchen speziellen Wildtierschutzfällen.

 

Fragen an Pascal Summ, Leitung Technik:

Was sind die wesentlichen Unterschiede in der Konstruktion dieser Freianlage mit „Hochsicherheitscharakter“ im Vergleich zu den anderen „Standard“-Freianlagen?

Bei der Planung und Lage wurde berücksichtigt, dass die Anlage flexibel für verschiedene Wildtierarten einsetzbar ist. Vor allem wurde durch die massivere Bauweise der Zaunanlage, die nicht nur mehr Sicherheit bietet, auch der pflanzliche Bewuchs unterhalb der stromführenden Linien unterbunden. Die Anlage ist dadurch deutlich wartungsärmer und Tiere werden in ihrer Ruhe nicht durch Freischneide-Arbeiten gestört.

Die Zaunarbeiten schreiten voran.© STIFTUNG für BÄREN

Welche Sicherheitsaspekte sind anders?

Der Zaun ist einen Meter höher, dass heißt die Gesamthöhe ist 3,50 Meter. Der Untergrabschutz und die Zaunkonstruktion wurden so gebaut, dass ein Tier weder über die Zaunanlage klettern noch sich darunter durchgraben kann. Die Zaunelemente selbst sind aus noch massiverem Stahlgitter gefertigt. Durch das Streifenfundament haben die Stahlpfosten noch mehr Stabilität. Vor- und Hauptzaun sind mit separaten Impulsgebern abgesichert, die bei Störungen eine noch sicherere Stromversorgung gewährleisten.

 

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Das sagen externe Wildtierexpert*innen über das Projekt:

Claudio Groff, Koordinator Große Beutegreifer, Servizio faunistico, Autonome Provinz Trient, Italien

“Ich arbeite seit 30 Jahren als Bärenexperte zum Schutz dieser wertvollen Tierart in unseren Bergen. Konflikte zwischen Bären und Menschen sind zu einem gewissen Grad unvermeidbar. Die Balance zwischen dem Schutz von Bären und gesellschaftlichen Interessen zu finden, ist eine komplexe Aufgabe. Ein Prozess, der ständig angepasst werden muss und keine dauerhafte Errungenschaft. Wir müssen in die Bären-Management-Strategien sowohl die Sorgen der Kommunen einbeziehen und zugleich das öffentliche Bewusstsein über die Wichtigkeit von Bären für die Natur wecken. Zudem muss auch klargemacht werden, dass Bärenangriffe möglich sind und Bären notfalls entnommen werden müssen. Vor diesem Hintergrund findet die STIFTUNG für BÄREN meine Wertschätzung und Anerkennung, weil sie sich sowohl für mehr Tierwohl von Wildbären, die aus Managementgründen entnommen werden mussten, einsetzt, als auch in ihren Bärenauffangstationen über dieses spezielle und wichtige Thema aufklärt.”

Koen Cuyten, Projektmanager, Bears in Mind Netherlands, Niederlande

„Ich zolle den langjährigen Kolleginnen der STIFTUNG für BÄREN Respekt für den mutigen Schritt, dieses herausfordernde Projekt entwickelt zu haben. Es ergänzt die Wirkungsmöglichkeit des Alternativen Wolf- und Bärenpark Schwarzwald. Diese Anlage kann zwar die gegenwärtigen Probleme von Wildbären in ihrer Komplexität nicht umfassend lösen, aber die einzelnen Wildbären, die dort dauerhaft in Gefangenschaft leben, erfüllen eine Art Botschafterfunktion und können so im Interessenskonflikt der Bär-Mensch-Koexistenz einzelnen wildlebenden Artgenossen helfen.“

Csaba Domokos, Brown Bear Conservation and Research Program, Milvus Group Bird and Nature Protection Association, Rumänien

„JJ4 hat eine zweite Lebenschance verdient, selbst wenn es lebenslange Gefangenschaft für sie bedeutet. Die STIFTUNG für BÄREN wird die verbleibenden Lebensjahre für die Bärin sicherlich so gestalten, dass sie eines Bären würdig sind. In Rumänien haben wir zahlreiche Fälle erlebt, bei denen Bären in Verkehrsunfällen verletzt wurden und zur medizinischen Versorgung und Beobachtung zeitweise eingesperrt werden mussten. Seit wir 2022 erstmals in Kontakt traten, erlebe ich die STIFTUNG für BÄREN als professionelle Organisation, die sich schon lange Zeit für die Tiere einsetzt. Gewiss wird die neue Freianlage noch vielen weiteren Bären oder großen Karnivoren in Not ähnlich gute Hilfe leisten sobald JJ4 den Platz nicht mehr benötigt.“

Agnieszka Sergiel, Institute of Nature Conservation, Polish Academy of Sciences, Polen

„Es ist mir eine Ehre, schon mehrmals mit der STIFTUNG für BÄREN bei Projekten zusammengearbeitet zu haben, die ich zu den denkwürdigsten in meiner Karriere zähle. Einige Fälle waren sehr herausfordernd und schwierig. Das Team der Stiftung ließ sich dennoch nicht abschrecken, denn sie lassen Bären nicht im Stich. Ich bewundere ihre hohe Einsatzbereitschaft und Kompetenz, mit der sie auch die neue Freianlage für JJ4 bauen.“

 

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Filmtipp: „Gefährlich nah – Wenn Bären töten“ (in der ARD-Mediathek)
Trotz des etwas reißerisch klingenden Titels zeigt der Film sehr eindrücklich die Komplexität der Umstände auf, die zur gegenwärtigen Lage im Fall von JJ4 geführt haben. Auch die STIFTUNG für BÄREN nimmt in dem Film Stellung zur Situation.

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Erst werden Jungbären in Zoos gehätschelt, später entsorgt.

„Niedlich“, „putzig“, „trollig“: Bärenbabys begeistern. Auch Zoobetreiber wissen das und setzen  auf Bärennachwuchs, um möglichst viele Besucher in ihre Anlagen zu locken. Doch es gibt auch eine dunkle Seite dieses Geschäfts.

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Tanzbär in Istanbul. Foto: Mark Rissi„Tanzende“ Bären: Es gibt sie noch immer, obwohl vielen Staaten es mittlerweile verbieten, Tanzbären zu halten. Solange Touristen Geld geben, und sei es nur aus  Mitleid, ist zu befürchten, dass es weiterhin Tanzbären geben wird.

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Kampfbär, Pakistan. Foto: Mark RissiIn Pakistan organisieren Großgrundbesitzer blutige Spektakel, bei dem Hunde auf Bären gehetzt werden. Bären-Hunde-Kämpfe sind ein Erbstück aus der englischen Kolonialzeit. In Pakistan sind sie seit 2001 verboten, finden jedoch nach wie vor statt.

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Bei lebendigem Leib wird den Bären die Galleflüssigkeit abgezapft. Foto: WSPA

„Gallebären“ sind Bären die man in Fernost in winzige Käfige sperrt, um ihnen bei lebendigem Leib Gallenflüssigkeit abzuzapfen. Allein in China werden auf diese Weise mehr als 10.000 Bären auf so genannten Bärenfarmen malträtiert.

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Jagd auf Bären. Foto: SfBDie STIFTUNG für BÄREN setzt sich dafür ein, Leid von Bären abzuwenden. Sie lehnt deshalb die Jagd auf Bären aus Tierschutzgründen ab. Die Stiftung weist auch auf negative Auswirkungen der Jagd hin ...

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Bärenmissbrauch im Zirkus

Zirkus-Dompteure richten Bären ab, um mit deren Geschicklichkeit und Intelligenz Kasse zu machen. Dabei sind die Dressurmethoden fraglich und können bösen Folgen haben. Und Zirkusbären leiden vor allem hinter den Kulissen.

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Bärin Emma und Bär Max in einer Bärengrube

Im Mittelalter fing man an, sie in Burggräben zu halten. Später pferchte man sie in Zwinger. Erst seit den 1990er Jahren werden naturnahe Haltungsformen modern. Leider gibt es auch heute noch sehr rückständige Haltungen.

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