Kurzum, Mischka hat im Winter äußerst schlechte Laune. Während die meisten der Worbiser Bären gemütlich ruhen,motzt und brubbelt Mischka. Aus unserer Sicht grundlos. Aber was bedeutet schon unsere Sichtweise? Genau wie die alte Bärin Tina genießt Mischka das winterliche Sonderprogramm für Senioren. Heißt: Die Tore der Notstation stehen offen. Es wird ? wenn gewünscht ? auch drinnen serviert. Die Strohlager werden regelmäßig aufgeschüttelt, in den Wasserbottichen, die an der Wand angebracht sind, ist ? das versteht sich von selbst ? stets frischer Gänsewein. Und genau an diesen vergreift sich Mischka regelmäßig und reißt sie von den Wänden. Im Rausch von depressivem Vandalismus.
Tina lässt sich vom Winter keine Depression aufdrücken. Ihr sind Futterqualität- und vor allem -quantität wichtig. Wenn sie nicht gerade neben Frau Motzki (Mischka) ruht, unternimmt sie Winterwanderungen auf äußerst wackligen Tatzen. Berg hoch, Berg ab. Tierpflegerin Ursula Niendorf möchte ihr am liebsten jedes Mal entgegen springen und sie auffangen. Falls sie stolpert. Bisher musste Ursula noch nicht auffangen.
Wie auch? Da müsste einer zuvor die schmächtige Tierpflegerin abstützen.
?Alles Weiberkram!?, mag Mario denken. Seine zuvor so wunderschön vorbereitete Winterhöhle, in die er mindestens 23.587 weiche Blätter eingeschoben hatte, steht nun leer. Er mochte sie auf einmal nicht mehr. Waren wohl ein paar Blätter zuviel. Dafür hat er sich in der Nähe des Frauenzentrums ? der alte Damen betreuenden Notstation ? eingenistet, nämlich in einer Kunsthöhle. Von hier aus hat bär einen guten Blick zur Futterküche und zum Servierpersonal. Die gerechte Futterverteilung hätte er von der anderen Höhle nie kontrollieren können. Die war zu weit entfernt. Und so lässt sich Mario an manchen Tagen häufiger, an manchen Tagen weniger sehen. Je nach Appetit.