Winterschlaf oder Winterruhe der Bären?

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Über die Winterruhe, den Winterschlaf und das Erwachen

INHALTSVERZEICHNIS

1 - Winterstarre, Winterruhe oder Winterschlaf?
2 - Vorraussetzungen
3 - Erwachen
 

"Sieht man heute denn Bären?" ist eine häufig gestellte Frage in unseren Wildtier- und Artenschutzprojekten. Auch im Winter. Dabei sollte es allgemein bekannt sein, dass Bären im Winter schlafen. Oder heißt es Winterruhe? Vielleicht wäre doch aber der Begriff winterliches Dämmern angebracht?

Fakt ist: es ist eine faszinierende Praktik der Tiere, um die kalte Jahreszeit zu überstehen.

 

1 - Winterstarre, Winterruhe oder Winterschlaf?

 

Die Temperaturen fallen unter Null, Schnee bedeckt die Erde und so heißt es ab in den Winterschlaf bis zum Frühjahr. Die klassische Vorstellung vom Winterschlaf ist eigentlich eine s.g. Winterstarre und tritt in der Regel bei wechselwarmen Tieren auf, dh. bei Tieren, die ihre Körpertemperatur nicht eigenständig aufrecht erhalten können. Darunter viele Amphibien, Reptilien und Insekten, beispielsweise die Marienkäfer. Dabei suchen sich die Tiere Orte, an denen sie sich verstecken können.

In der Winterstarre kommt es zu einer starken Absenkung von Körpertemperatur, Atmung sowie Herzfrequenz. Dies ist abhängig von der Umgebungstemperatur. Dabei kommt es zu wenig bis keinen Energieverbrauch. Nachteil dabei ist allerdings die Gefahr des Erfrierens.

Grundlegend ist dies eine Möglichkeit, in den nahrungsarmen Monaten zu überleben. Dies ist auch als Ei oder Larve möglich.

Das wohl bekannteste Beispiel für einen Winterschläfer ist der Igel. Nachdem er sich ein Versteck gesucht und ein Nest gebaut hat, senken sich Körpertemperatur, Herzschlag und die Atmung (je nach Tier um 1-5%). Dabei wird kommt es zu einer Drosselung des Stoffwechsels und einer damit einhergehenden Verringerung des Energieverbrauchs.

Im Winterschlaf fährt sich der Körper grundlegend soweit runter, dass die Tiere während dieser Schlafphase kaum bzw. schwer weckbar sind. Dennoch sind s.g. Aufheizphasen möglich und somit auch ein Aufwachen nicht ausgeschlossen. Was ein großer Unterschied zu den Tieren ist, die an die Umgebungstemperatur angewiesen sind.

Neben der Chance, mit geringem Energieverbrauch das schwache Nahrungsangebot buchstäblich zu überwintern hilft der Winterschlaf darüber hinaus zu verhindern, selber zur Nahrung zu werden. Denn das Verweilen in einem Versteck ist weniger auffällig, als draußen auf Nahrungssuche zu sein und bietet somit Schutz vor Beutegreifern.

Bei Bären wird allgemein von einer Winterruhe gesprochen. Auch, wenn sich die Fachwelt dahingehend immer Mal wieder umstimmen lässt und je nach aktuellem Forschungsstand auch wieder von einem Winterschlaf die Rede ist, zeichnet der Begriff Ruhe recht treffend die Unterschiede zum Schlaf. Zumal der Begriff Schlaf grundlegend zu einer verzerrten Vorstellung einlädt, da es sich weniger um einen Schlaf wie der Mensch es kennt handelt, dh. mit Träumen, etc., sondern es sich dabei eher um eine Art Dämmern handelt.

Doch Grundlegend haben Igel und Bären das gleiche Problem im Winter: Es gibt nicht genug Fressen. Daher haben auch Bären ihre Version der Winterruhe geradezu perfektioniert. Auch sie senken sowohl Körpertemperatur, Herzschlag als auch Atmung. Allerdings weitaus geringer:

  • Absenkung der Körpertemperatur um 3-6 Grad
  • Absenkung der Herzschlag von 55 auf 15 pro Minute
  • Absenkung der Atemfrequenz auf 2 pro Minute

Dies hat auch einen geringeren Energieverbrauch zur Folge, ebenso wie einen gedrosselten Stoffwechsel (je nach Individuum von circa 75-80 %). Die Bären sind im Winter durchaus weckbar, haben sogar mitunter regelrechte Wachphasen. Sie sind also viel schneller wach als ein Igel, der sich in einer tiefen Schlafphase befindet.

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2Vorraussetzungen

 

Der Dämmerzustand der Bären (bis zu 7 Monate) ist allerdings nur möglich, wenn zuvor ausreichend gefressen wurde. Dabei handelt es sich um eine Gewichtzunahmen von bis zu 40 Prozent. Wir haben beispielsweise bei einer weiblichen Bärin in unseren Projekten im Frühjahr 170 Kilogramm, im Spätherbst 230 Kilogramm erfasst. Beim männlichen Pendant waren es 330 und 400. Um auf dieses Gewicht zu kommen haben wir in unserem Bärenwald bei 8-10 Bären ungefähr eine Futtermenge von 24 Tonnen im Laufe des Jahres, davon 70 Prozent Obst, 13 Prozent Gemüse, 10 Prozent Nüsse, Pellets, Sämereien und Trockenfrüchte und gut 7 Prozent Fleisch. Je nach Bestand und Angebot variieren die Zahlen natürlich.

Der Gang in die Winterruhe geschieht nicht von einen auf den nächsten Tag, sondern ist ein Prozess, der sich über Wochen hinzieht. Dabei ist die Umstellung auf einen Fettstoffwechsel von großer Bedeutung. Dadurch kommt es weder zu einem Abbau von Muskel- noch Knochenmasse. Bei einem Menschen beispielsweise würde Eiweiß abgebaut werden, was eben genau den Effekt hätte, dass die Muskeln schwinden.

Neben der Umstellung des Stoffwechsels ist das Muskelzittern ein weiterer Trick der Bären im Winter, dadurch erhält sich die Körpertemperatur. Außerdem sind die Vierbeiner von einem winterlichen Harndrang befreit, sie sondern weder Kot noch Urin ab. Durch den Abbau von Aminosäuren wird der Urin sozusagen abgebaut und Wasser zurückgewonnen.

Grundlegend bedeutet es für den Bären im Sommer und Herbst fressen, fressen, fressen. Der Nahrungsüberschuss wird in Form von Körperfett eingelagert. Dazu bedarf es ein großes Angebot an Kohlenhydraten und Fetten. Dabei fressen Bären, wenn es was zu fressen gibt und bis zu dem Punk ab dem es sich nicht mehr lohnt. Dh. ist der Bär so fett, dass weiteres Fressen mehr Energie verbrauchen würde als einzubringen, stellt er die Nahrungsaufnahme ein.

Faustregel: dünne Bären gehen nicht in Winterruhe.

Neben einer ordentlichen Ansammlung an Fett spielt der Unterschlupf, meist in Form einer Höhle, eine entscheidende Rolle. Wichtig dabei ist, dass sie gut isoliert und störungsarm ist, dh. sie muss so gelegen sein, dass zum einen Ruhe gegeben ist und zum anderen ein ausreichender Schutz vor Witterung, z.B. vor Regen.

 

*in unseren Tierschutzprojekten - kann regional abweichen
*in unseren Tierschutzprojekten - kann regional abweichen

 

3 - Erwachen

 

Der Beginn und das Ende der Winterruhe wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst. Dazu zählt die Tageslänge, die Nahrungsverfügbarkeit (in dem Zusammenhang natürlich auch das Körperfett) und Witterung, aber auch das Geschlecht sowie das Alter. Männliche Bären gehen meist kürzer in die Winterruhe. Beobachtungen zeigen, dass Weibchen früher in ihr Winterquartier ziehen und länger drin bleiben.

Grundlegend praktizieren jüngere Bären eine kürzere Winterruhe. Dies liegt unter anderem daran, dass der Mechanismus des Energiesparens noch nicht zu 100 % ausgeprägt ist und es durchaus noch zum Wachstum während der Wintermonate kommen kann, was einen erhöhten Energieverbrauch mit sich zieht. Abgesehen davon sind junge Bären grundlegend etwas aktiver als ältere.

In der Regel gehen Bären alleine in eine Höhle. Ausnahmen dahingehend sind Bärenmütter, die im ersten Winter mit ihren Jungtieren in einer Höhle ruhen. Ebenso teilen sich Bärengeschwister im ersten Jahr, nachdem sie ihre Mutter verlassen haben, eine gemeinsame Höhle.

Doch wie sieht eine Höhle eigentlich aus? Im Prinzip ist eine Bärenhöhle mehr ein langer Gang als eine Höhle. Sie bietet wenig Bewegungsfreiraum und ist nur leicht größer als der Bär, denn je größer die Höhle ist, desto mehr (Körper)Energie muss aufgebracht werden, um sie zu erwärmen. Ausgestattet wird sie mit Material wie Ästen und Laub. Dabei kriecht der Bär mit dem Hintern zuerst in die Höhle. Dies hat mehrere Vorteile: mit den Tatzen kann noch Laub hineingezogen werden, eventuelle Störenfriede können besser wahrgenommen und ggf. verjagt werden und falls Gefahr droht oder sonstige Gründe, die Höhle zu verlassen, kann der Bär schneller agieren.

 

Geboren werden Bären übrigens auch während der Winterruhe. Meist verlassen sie im April, Mai die Höhle und starten das Frühjahr mit Fressen. Besonders beliebt, da sehr nahrhaft, ist das erste Gras des Jahres.

Neben dem Fressen zählt das Markieren, allen voran der Bäume, zu den ersten Tätigkeiten im Frühjahr. Dies dient der Reviermarkierung und ist für die Paarung wichtig, die ebenfalls im Frühling stattfindet

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Mit all ihrer Komplexität und Raffinesse ist die Winterruhe ein äußerst wichtiger Bestandteil im Leben der Bären und sollte daher stets gegeben sein. In Gefangenschaft ist dies oft nicht möglich und zeigt neben vielen anderen Gründen: Die Gefangenschaft von Bären sollte grundlegend vermieden werden.

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