© Text: Heike Jordan © Fotos: Kai-Arne Jordan
„Ein jedes Wesen in Bedrängnis hat gleiches Recht auf Schutz“
- Franz von Assisi -
Braunbär Schapi kann dem verlockenden Geruch von Rinderleber und Pansen nicht widerstehen. Er streckt seine Nase aus der Winterhöhle und nimmt Witterung auf. Gemächlich und ohne Hast trottet der imposante Braunbär seinen Weg entlang, den er genau kennt. Uns kommt es wie ein Spaziergang mit ihm vor. Unseren Weg trennt nur ein speziell angefertigter Bären-Zaun. An der „Beute“ angekommen, frisst er in aller Ruhe die Leber auf. Rinderleber ist besonders groß und reichhaltig an Nährstoffen, Mineralstoffen und Vitaminen. Genau die richtige Kost für einen hungrigen Braunbären. Weiter unten liegt noch der Pansen.
Schapi nimmt den Rindermagen in sein Maul und läuft nun schnell in Richtung Winterhöhle zurück. Dieses Mal jedoch querfeldein. Dabei stößt er sich seinen Kopf an einem Ast. Doch Schapi lässt sich nicht beirren. Bevor wir unten ankommen, ist er auch schon in seiner Höhle mitsamt Pansen verschwunden. So hat er gleich einen Futter-Vorrat, den er in seiner Höhle aufbewahrt. Wir sind beeindruckt, denn Schapi ist blind. Braunbären können allgemein nicht gut sehen. Dafür aber sehr gut riechen und hören. So orientiert er sich in seinem „Haus“, erklärt uns Rüdiger Schmiedel, Geschäftsführer der STIFTUNG FÜR BÄREN.
Schapi lebt in der Senioren-Residenz des alternativen Wolf- und Bärenparks Schwarzwald. Zusammen mit dem gehbehinderten Poldi, der an diesem Tag lieber schläft. Von Oktober bis März halten Braunbären Winterruhe. Damit passen sie sich in der freien Natur der Nahrungsknappheit im Winter an. Beim Schlaf senkt der Braunbär seine Körperfunktionen herab, um Energie zu sparen. Der Puls verlangsamt sich und die Körpertemperatur sinkt. In Europa, wo die Winter milder sind, verlässt ein Bär öfter seine Winterhöhle. Er frisst dann gern von seinen Vorräten.
Ein weitgehend artgerechtes Bären-Leben im Bärenpark Schwarzwald
Im Bärenpark dürfen die Senioren Schapi und Poldi sowie ihre Gefährten ein weitgehend artgerechtes Bären-Leben führen. Sie haben großes Glück. Denn das war nicht immer so. Als ausgediente Zirkusbären lebten beide 15 Jahre lang in einer engen und feucht-kalten LKW-Garage. Heute laufen sie selbstbewusst und gelassen die Waldhänge rauf und runter. Bei Schnee rutschen sie am liebsten hinunter. Das macht auch den besonderen Charme des Bärenparks aus. Oberhalb des Rundweges werden wir mit einem wunderschönen Blick auf den Schwarzwald und die Bären belohnt. Zwischen den Bäumen entdecken wir die ehemalige Wildbärin Jurka. Brunos Mutter. Sie lebt im Bärenpark, weil sie von Menschen angefüttert wurde und damit ihre natürliche Scheu verloren hat. Wir beobachten, wie sie energisch ihre Beute gegen drei Wölfe die sie umkreisen, verteidigt und bewacht.
Obwohl diese noch dicke Bäuche von ihrer Fütterung haben. Wölfe legen gern Vorräte an, indem sie Fleisch unter der Erde vergraben, so Rüdiger Schmiedel. Die Vergesellschaftung mit Wölfen sorgt für Abwechslung im Bärengehege. Fast wie in freier Wildbahn. Und für viele traumatisierte Bären gleicht es einer Therapie, um sich in einem Freigehege neu zu orientieren. Da hilft es doch sehr, wenn ein Wolf mal einem Bären in den Po zwickt und ihn damit in Bewegung bringt.
Wir könnten Rüdiger Schmiedel noch stundenlang zuhören, wenn er von seinen Bären erzählt. Oder wie er mit einer Schar Rentnern den Bären-Zaun gebaut hat. Für einen guten Zweck und unentgeltlich. Er ist nicht nur ein Bären-Fachmann, er hat auch ein großes Herz für seine Bären. Wir bedanken uns für diesen schönen Tag im alternativen Wolf- und Bärenpark Schwarzwald.