Remonte im Bärenpark
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- Kategorie: News - Bärenpark Schwarzwald
- Veröffentlicht: Montag, 01. Juli 2013 19:06
Remonte? Wird auch Pelota genannt. Kennen Sie auch nicht? So heißt der baskische Volkssport, ein Ballspiel bei dem ein Hartgummiball mit einer Korbschaufel gefangen und geworfen wird.
Unsere Praktikantin Irantzu hat den Wurf drauf. Energisch schiebt sie die Futterschaufel in den Sack mit den Hunde-Pellets. Zieht sie heraus. Mit kurzem Blick kontrolliert sie, ob alle Pellets optimal auf der Schaufel liegen und nicht etwa über den Rand fallen könnten. Dann holt sie aus, und mit kraftvollem Schwung schleudert sie das Bärenfressen über den 2,50 hohen Außenzaun der Freianlage. Nichts ist daneben gegangen. Irantzu strahlt.
Irantzu Mezkiritz, 25 Jahre, aus der Nähe von Pamplona: Die Agrar-Ingenieurin ist seit März im Schwarzwald und arbeitet für den Bärenpark. Wie so viele junge Spanier hat auch sie in ihrem Heimatland keine Arbeit mehr gefunden. Sie hatte als Rezeptionistin in einem Hotel gearbeitet, als Waldarbeiterin, dann entschied sie sich, ihr Glück in Deutschland zu suchen.
Vier Monate Deutschkurs in Spanien, dann vermittelte eine private Firma den Sprung nach Alemania, genauer gesagt nach Freudenstadt, ins Oberlinhaus. Das Oberlinhaus ist nach eigenen Angaben das „diakonische Kompetenzzentrum für ganzheitliche Rehabilitation, Bildung und Gesundheit“. Hier hat Irantzu Ansprechpartner gefunden, ein Zimmer für rund 180 Euro im Monat und viele Gleichgesinnte.
Nach einem weiteren vierwöchigen Sprachkurs begann ihr Praktikum im Bärenpark. Irantzu kommt täglich um 8 Uhr 30 und bleibt bis abends um 18 Uhr. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, die Tiere zu füttern. Ansonsten ist sie Allrounderin. Sie hilft mit, Veranstaltungen vorzubereiten, unser Kindermagazin auf den Weg zu bringen oder auch den Schulungsraum zu streichen. Nach ihrem Job im Hotel ist die Ingenieurin jetzt froh, draußen in der Natur und mit den Tieren arbeiten zu können – unentgeltlich. Dass sie die einzige Frau unter lauter starken Männern ist, macht ihr nichts aus. „Ich dachte, die deutschen Männer sind ...“ Das richtige Wort fällt ihr nicht ein, aber mit dem Zeigefinger an der Nase, der den Kopf nach hinten stupst, macht sie deutlich, um was es ihr geht. Arrogant? „Ja“, sagt sie, aber das seien sie eben nicht. „Alle sind sehr freundlich.“ Ihr strahlendes Gesicht lässt keinen Zweifel daran, dass sie das so meint.
Wie sie ihre Perspektive sieht, will der Interviewer wissen. Noch einmal belädt sie ihre Futterschaufel, diesmal mit roten Kirschen. Im Park wird sie laufend von den Besuchern angesprochen, oft mit denselben Fragen: Wo sind die Wölfe? Wie heißt dieser Bär? Da hat sie sich Antworten parat gelegt; das hilft beim Sprachelernen. Noch immer ist sie unsicher, wenn jemand ein besonderes Anliegen hat und ihr die richtigen Vokabeln fehlen. Aber Irantzu ist ehrgeizig, trägt das Wörterbuch in der Hosentasche, das sie zückt, wenn wieder mal eine Vokabel fehlt. Irantzu weiß, dass die Arbeit mit den Bären und Leuten das Richtige für sie ist. Vielleicht kann sie ja bald eine Kindergruppe durch den Bärenpark führen? Zu dieser Idee lächelt sie bescheiden. „Vielleicht“, sagt sie, tritt einen Schritt zurück, und schleudert ihre Kirschen über den Zaun.
Ja, das ist doch die Idee für eine neue Führung: Kirschen-Remonte! Kirschen-Remonte im Bärenpark mit Irantzu. Wie sagt der Spanier? "Vivir para ver." – Was nicht ist, kann noch werden.